Pünktlich landen wir am 09. September nach einem einstündigen Flug im schwülheißen Cartagena. Die Einreise geht zügig und einfach von Statten und mit dem Taxi sind wir schnell im Hotel Stil nahe der Altstadt von Cartagena. Da das Schiff Galaxy Leader unseren Großen erst am Donnerstag am Hafen von Cartagena anliefert, bleibt uns genügend Zeit, eine der schönsten Kolonialstädte Südamerikas mit ihrem karibischen Flair zu erkunden. Die Altstadt ist von einer fast vollständigen Festungsmauer umgeben und mit ihren bunten Gassen, schattigen Parks und vielen Plätzen ein toller Einstieg in Kolumbien.
Am darauffolgenden Mittwoch starten wir gemeinsam mit Martina und Lothar die Vorbereitungen zum Empfang unserer Mobile. Daß hier nicht alles ganz so optimal abgelaufen ist, kann man in unserem Beitrag „VERSCHIFFUNG von Panama nach Kolumbien“ detailliert nachlesen. Froh, unser Wohnmobil wieder zu haben, fahren wir auf der Halbinsel Bocagrande einen Parkplatz an, der sich unter den Travellern schon als Geheimtipp herumgesprochen hat und machen als erstes unseren Großen wieder bewohnbar. Ein paar nette Kolumbianer kommen noch zufällig vorbei, packen Tisch und Stühle aus dem Auto und setzen sich zu uns. Mario und seine Freunde erzählen uns, sie würden des Öfteren einen Platz suchen, um gemütlich einen feuchtfröhlichen Nachmittag zu verbringen. Heute sind wir zufällig Nutznießer dieses Brauches geworden und nach ein paar Gläsern Champagner ist der erste Frust des Einbruchs auch schon etwas abgebaut.
Die nächsten Tage bedarf es noch einiger Fahrten mit dem Taxi zu diversen Einkaufszentren, um die wichtigsten der abhanden gekommenen Dinge wieder zu besorgen. Nach einigem Nachfragen finden wir wieder ein Garmin GPS und Martina und Lothar überraschen uns noch mit einer Wanduhr inklusive Temperaturanzeige. Ausgestattet mit dem Wichtigsten sind wir endlich startklar und verlassen Cartagena, was bei dem chaotischen Verkehr ganz schön lange dauert. Dachten wir bisher, in Panama sind die verrücktesten Autofahrer unterwegs, haben wir diese Erkenntnis auch schon wieder verworfen. Unser erster Anlaufpunkt ist ein schöner Strand bei Santa Marta und wir treffen uns dort mit Mariana und Michael, sowie Martina und Lothar. Hier ist nun erst Mal Erholung angesagt und wir genießen wieder das Leben in unserem Großen.
Nach einer Woche geht die Fahrt nun weiter ins Landesinnere Kolumbiens. Über die Landstraßen kommt man hier wegen der vielen LKW´s nur ganz langsam voran und wir übernachten an einem Restaurant am Straßenrand. Am nächsten Morgen geht dann aber alles viel schneller und wir wundern uns noch, daß außer uns heute in beiden Richtungen so gut wie kein Fahrzeug unterwegs ist. Die Freude darüber währt aber nur kurz, denn die Polizei hält uns an und wir erfahren die Ursache für die leere Straße. Im Ort Aguachica, noch knapp 80 km entfernt, haben protestierende Bauern eine Straßenblockade errichtet und seit dem Vorabend kommt hier niemand mehr durch. Wir sollen uns jetzt und hier schon nach einem Parkplatz umsehen und warten, bis die Straße wieder frei ist. Wir versuchen noch, die netten Beamten zu überreden, uns wenigstens bis Aguachica weiterfahren zu lassen. Doch deren Argument, daß es dort gerade zu Gewaltausbrüchen mit Schußwechsel kommt, läßt uns dann das Parkplatzangebot doch gerne annehmen. So suchen wir uns in dem kleinen Ort Pailitas, wo schon hunderte LKW´s links und rechts am Straßenrand stehen, einen Parkplatz und finden noch eine Lücke an der Tankstelle. Wir warten den ganzen Tag und uns wird klar, daß wir wohl hier auch die Nacht verbringen müssen. Auch am nächsten Morgen ist noch keinerlei Bewegung erkennbar und wir erkundigen uns sowohl bei der Polizei als auch im Internet über den Stand der Dinge. Mittlerweile sind mehr als 50 Personen teils schwerverletzt und die Gewalt sowie der Streik gehen weiter. In der nächsten Nacht gegen 23 Uhr starten dann plötzlich die ersten Trucker ihre Fahrzeuge und fahren los. Die Blockade ist beendet. Wir schlafen aber erst mal aus und am nächsten Morgen nach dem Frühstück geht die Fahrt auch für uns weiter.
Wir kommen aber nur wenige Kilometer und stehen schon im Stau. Für die ersten 10 Kilometer des Tages brauchen wir ganze 3 Stunden. Danach löst sich der Stau langsam auf und wir erreichen Aguachica, wo noch deutlich die Spuren der Vortage zu erkennen sind. Ein gekaperter Tanklastwagen wurde gestern umgeschmissen, der auslaufende Kraftstoff in einen Bach geleitet und dann angezündet, wie man an den abgefackelten Ufern zu beiden Seiten des Baches noch gut erkennen kann. Froh, den Ort hinter uns zu lassen, geht die Fahrt weiter auf kurvigen Straßen über Bucaramanga bis hinauf zum Canyon Chicamocha, den wir erst in der Dunkelheit erreichen. Claudia muß den Wärter schon mit Hilfe eines Polizisten überreden, uns auf dem Parkplatz des Nationalparks übernachten zu lassen. Am nächsten Morgen werden wir dann von einer tollen Aussicht in den Canyon überrascht. Der Park ist mehr ein Freizeitpark für Kolumbianer mit zahlreichen Bars und Restaurants, Riesenschaukeln, Zipline und Seilbahn. Letztere geht quer über den Canyon auf die andere Bergseite und wir genießen bei der Fahrt die verschiedenen Blickwinkel in den Canyon Chicamocha.
In San Gil gibt es einen schönen Stellplatz an einem Freibad und wir treffen dort wieder auf Martina und Lothar sowie auf Simone und Olaf, die wir zum letzten Mal in Costa Rica getroffen hatten. Somit sind hier einige gemütliche Abende angesagt, die meist bis spät in die Nacht andauern. Von dem Bad ausgehend kommt man über die Berge auf einem schönen Schotterweg bis nach San Gil. Die von dem Besitzer des Bades vorhergesagten 30 Minuten Fußweg sind aber dann doch gut 80 Minuten und wir erkennen, daß er wohl den Weg noch nie selbst gelaufen ist. In San Gil angekommen besuchen wir zuerst den „Parque El Gallineral“, der sehr schön angelegt direkt am Ortseingang liegt. Hier stehen fast 2.000 Bäume, die über und über mit Tillandsien (Rauschebart) bewachsen sind und diesem Ort einen außergewöhnlichen Flair geben. Danach spazieren wir wieder durch die Stadt, bevor wir in der nagelneuen Shopping-Mall noch ein paar Einkäufe erledigen.
Wenige Kilometer oberhalb von San Gil liegt auf einem Hochplateau das koloniale Dorf Barichara. Der kleine Ort strahlt eine besondere Ruhe aus, wirkt extrem friedlich und sauber. Wir fühlen uns sofort wohl hier und schlendern gemütlich durch die gepflasterten Gassen mit ihren weiß gestrichenen Häusern. Auf der Suche nach einem Stellplatz finden wir den perfekten Spot am anderen Ende Baricharas mit tollem Blick in das Tal und auf den Rio Suarez. Dort lernen wir das Schweizer Ehepaar Beatrix und Christoph kennen. Die Beiden sind auch in einem Mercedes Sprinter, aber in entgegengesetzter Richtung nach Nordamerika unterwegs und wir haben viele wertvolle Informationen zum gegenseitigen Austausch.
Auf dem Weg nach Villa de Leyva halten wir in dem Ort Arcabuco. Claudia hat im Internet herausgefunden, daß es dort eine schweizer Metzgerei geben soll, bei der man mal wieder gute Wurst und vor allem guten Käse bekommen soll. Das ist schon ein Grund für einen kleinen Umweg und wir halten bei der Metzgerei direkt am Hauptplatz von Arcabuco. Die Preise sind zwar schon ziemlich happig, aber irgendwie spielt das bei der Auswahl hier heute keine Rolle. Wir decken uns ein mit leckerem Camembert, Wienerwürstchen, Leberkäs, Parmaschinken und Salami. Ach ja, die Kirche in dem Ort ist auch ganz nett.
Auf 2100 Meter Höhe liegt das verschlafene Künstlerstädtchen Villa de Leyva und in dem dortigen Hostal Renacer treffen wir wieder mit Martina, Lothar, Mariana und Michael zusammen. Doch kaum angekommen setzt uns Montezumas Rache erst einmal für ein paar Tage außer Gefecht. Nachdem wir uns wieder erholt haben, erkennen wir schnell die Attraktivität des Ortes und beschließen, hier noch um ein paar Tage zu verlängern. Vor allem kulinarisch kommt man in Villa de Leyva auf seine Kosten. Es gibt hier zwar gleich mehrere gute Restaurants in wunderschönem Ambiente, aber wir entscheiden uns in den nächsten Tagen eigentlich immer für das gleiche Lokal. Im Antique sind neben Ambiente und Livemusik auch noch die Steaks sowie der Lammbraten eine ausgesprochene Delikatesse. Auch sonst fühlen wir uns in Villa de Leyva äußerst wohl und genießen die Spaziergänge durch die schönen Gassen, meist mit einem Abschlußbier in der „Dorfkneipe“, bei der wir uns eine Maß deutsches Faßbier (im Plastikbecher) direkt an der Plaza Mayor, der größten Plaza Kolumbiens, gönnen.
Gemeinsam mit Martina und Lothar steigen wir auf unsere Drahtesel und erkunden mal die nähere Umgebung. Erster Stopp ist an einem ganz außergewöhnlich gebautem Terrakottahaus, dem “Casa de Barro“, ca. 2 km außerhalb Villa de Leyvas. Die ganz spezielle Art des Baus begeistert uns alle und für unsere Fotografen ergeben sich hier tolle Motive. Weiter auf unserem Weg liegt “El Infiernito“, ein altes, astronomisches Zentrum der früher hier lebenden Muisca Indianer. Die angebliche Ähnlichkeit zu Stonehenge können wir zwar nicht erkennen, wohl aber zahlreiche Säulen in Phallusform. Wir radeln bei angenehmen Temperaturen weiter durch die hügelige Landschaft nach Hause – nicht ohne schon erwähntes Abschlußbier in der Dorfkneipe.
Das Hostal Renacer ist ein beliebter Anlaufpunkt bei Reisenden aus aller Welt und so füllt sich der Platz mit Fahrzeugen unterschiedlicher Nationen und Backpackern. Wir freuen uns über die Annehmlichkeiten dieser Unterkunft und Oscar, der sympathische Besitzer, hilft wo er nur kann. So können wir dort unseren neu erstandenen Gasadapter testen, mit dem man von Gasflasche zu Gasflasche auffüllen kann. Weiter besorgt uns Oscar einen Mechaniker, der uns mehrere Radbolzen gleich am Hostal austauscht. Diese wurden, wie wir jetzt erst erkannt haben, bei Mercedes in Panama beim Aufziehen der Reifen so abgedreht, daß man keine Mutter mehr aufschrauben konnte. Wir können Oscar und sein sehr schönes Hostal Renacer nur weiterempfehlen!
Um unsere Vorräte mit frischem Obst und Gemüse aufzufüllen, gehen wir auf den großen Wochenmarkt, auf dem die Bauern der angrenzenden Dörfer jeden Samstag ihre frische Ware für günstiges Geld anbieten. Wir testen manche exotische Frucht und nehmen so einige leckere „Neuigkeiten“ mit nach Hause.
Unsere Reisefreunde Mariana und Michael bereisen die Panamericana verbunden mit einem außergewöhnlichen Kunstprojekt. Sie lassen in jedem Land von Alaska bis Feuerland Bilder von Künstlern auf eine 105 Meter lange Leinwand malen. Nach der Reise und verschiedenen Ausstellungen werden die Beiden diese Bilder für wohltätige Zwecke und soziale Einrichtungen in Lateinamerika versteigern lassen. Da in Villa de Leyva viele Künstler sich an diesem Kunstwerk beteiligt haben, werden auf der Plaza Mayor 30 Meter der bemalten Leinwand ausgerollt und von den Künstlern sowie freiwilligen Passanten gehalten. Bilder und weitere Infos über dieses interessante Projekt findet man unter www.panamericanarte.com
Spontan haben uns auch gleich das sehr sympathische Künstlerpaar Clara Lucia Vargas und Fred Andrade, zu sich nach Hause eingeladen. Wir dürfen Fred im Atelier bei seinem Beitrag zur PanAmericanArte über die Schulter schauen und werden auch noch mit einem leckeren Menü überrascht. Ja, die Gastfreundschaft in Kolumbien ist unglaublich und herzlich und wir freuen uns über unser Glück, das alles so erleben zu dürfen.
<<< letzter Bericht --- nächster Bericht >>>