Es soll argentinische Grenzübergänge geben, wo die Beamten einem Hundebesitzer das Leben so richtig schwer machen. Grenzposten Salto in Uruguay nach Concordia in Argentinien gehört sicherlich nicht dazu. Zu unserem Glück interessiert man sich bei unserem ersten Grenzübertritt mit Hund überhaupt nicht für Mia und nach wenigen Minuten haben wir alle Formalitäten erledigt. Natürlich waren wir gespannt, wie sich unsere neue Reisegefährtin so macht, vor allem während der Fahrt. Mia entpuppt sich als perfekter Traveldog. Bei laufendem Motor schaltet sie auf Schlafmodus und wenn sie raus muß, setzt sie sich vor die Tür und startet eine hundetechnische Kakofonie, Lautstärke nach Dringlichkeit. Und Angst scheint sie auch nicht zu haben, sieht man mal von einer kurzen Begegnung mit einem ausgewachsenen Neufundländer einer schweizer Reisefamilie ab.
Erstes Ziel in Argentinien ist San Antonio de Areco. Dort soll an diesem Wochenende ein Fest der Gauchos – der „Dia de la Tradicion“ – stattfinden. Leider hat aber ein heftiges Unwetter, von dem wir nichts mitbekommen haben, für enorme Überschwemmungen in der ganzen Region gesorgt. Obwohl mittlerweile der Wasserstand schon deutlich zurückgegangen ist, sind noch immer viele Grünflächen, darunter auch die beiden Campingplätze des Ortes, unter Wasser. Wir dürfen aber neben der Touristeninformation in einem Park übernachten und deren Internet nutzen. Außerdem gibt es ein kleines Alternativprogramm mit einer Tanzvorführung und einer unglaublichen Darbietung des Gaucho Martin. Der sehr sympathische Martin führt uns vor, wie er sein Pferd beherrscht und zu welchen Kunststücken Reiter und Tier gemeinsam fähig sind. Wir sind extrem beeindruckt. Martin beherrscht quasi jede Bewegung des Pferdes und man spürt stark das gegenseitige Vertrauen, das für die einzelnen Kunststücke auch notwendig ist. Uns gefällt es in dem ruhigen und gemütlichen San Antonio de Areco mit seinem historischen Ortskern und den sehr freundlichen Einwohnern. Für Mia eine erste Möglichkeit, ihr neues Leben kennenzulernen, viele Menschen und natürlich noch mehr fremde Hunde zu beschnuppern.
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Wir haben gerade beschlossen, noch einen Tag in San Antonio zu bleiben, als uns Nicole und Oliver begrüßen. Die Beiden leben in unserer Heimatstadt Nürnberg, sind in Argentinien auf Urlaub und fragen sich, was ein Wohnmobil mit Schwabacher Kennzeichen hier wohl treibt. Noch während wir uns unterhalten, kommt aus dem Lokal von der anderen Straßenseite ein Mann auf uns zu. Er erklärt uns, daß wegen dem Dia de la Tradicion heute Abend in dieser Pulperia ein Gauchofest mit Tanz und Musik stattfindet, und er soll uns von dem Besitzer ausrichten, wir wären herzlich eingeladen. So sitzen wir dann am Abend mit den beiden Nürnbergern an einem Tisch in der Pulperia „La Lechuza“ und werden mit Wein und Empanadas verwöhnt, während die Gauchos zu ihren Gitarren greifen. Wir sind echt überrascht, wie gut die Gitarreros ihr Instrument beherrschen. Bis spät in die Nacht spielt Einer nach dem Anderen alte, traditionelle Gaucholieder. Dem einen Lied wird aufmerksam gelauscht (leider verstehen wir von den Texten nur wenig), beim nächsten Lied wird heftig das Tanzbein geschwungen. Nicole und Claudia werden des Öfteren von den Gauchos zum Tanz aufgefordert, während Oliver und ich froh sind, daß Damenwahl hier wohl nicht üblich ist. Letztlich sind wir alle Vier sehr angetan von diesem außergewöhnlichen Abend.







Drei Tage Fahrt, natürlich mit vielen Pausen untersetzt, stehen auf dem Programm. Auch das ist für Mia kein Problem. Ihr gefällt offensichtlich das Zigeunerleben und sie hat auch keine Probleme mit dem täglich wechselnden Umfeld. Nachdem wir in Viedma eingekauft haben, geht es noch ein paar Kilometer weiter in den Küstenort „ El Condor“. An der dortigen Klippe findet man nicht etwa den Namensgeber des Ortes, sondern mit bis zu 35.000 Paaren die größte Kolonie von Felsenpapageien weltweit. Wunderschöne Vögel, die man hier hervorragend in ihren Nestern wie auch im Flug beobachten kann. Wir übernachten direkt nebenan an der Strandpromenade in El Condor und Mia hat erstmals Gelegenheit, durch den Sand zu hetzen und Meeresluft zu schnuppern.











Auf dem weiteren Weg in Richtung Süden entscheiden wir uns für die alte Schotterstrecke der RP 1. Die Piste hat des Öfteren Wellblechcharakter und schüttelt das Mobil und uns Drei ganz schön durch. Andererseits ist die Strecke kaum befahren, bietet aber immer wieder die Möglichkeit eines Abstechers an die Klippen des Atlantiks, von wo man die umfangreiche Tierwelt dieses Ozeans beobachten kann.







Und für genau diese Tierwelt ist die Halbinsel Valdes bekannt. Wir erreichen die Zufahrt nach Valdes am Nachmittag, bezahlen 160 Peso (keine 10 Euro) Eintritt pro Person und fahren als Erstes zu einem unter Travellern bekannten Platz namens Punta Pardelas. Hier steht man direkt am Meer auf einem Plateau in einer großen Bucht, in der sich zu dieser Jahreszeit zahlreiche Glattwale tummeln. Die Walsaison ist zwar schon fast zu Ende, trotzdem sehen wir noch einige Wale in und etwas außerhalb der Bucht. Zumeist Mütter mit ihren Kälbern sind noch hier in der Gegend und wir können sie zum Greifen nah dabei beobachten, wie sie durch die Bucht schwimmen, auf dem Rücken liegend relaxen oder übermütig aus dem Wasser springen. Dieser Stellplatz in der Punta Pardelas zählt zu einem der besten Plätze, auf denen wir in den letzten Jahren gestanden haben.















Die Rundfahrt um die Halbinsel Valdes ist allerdings weniger angenehm. Der Großteil der mehr als 200 km langen Schotterstraße über Punta Norte und Punta Cantor ist eine langweilige, teils ziemlich ruppige Piste. Zudem ist in Punta Norte heute so gut wie gar nichts zu entdecken. Normalerweise soll es hier einige Orca´s und Seeelefanten geben. Wir fahren weiter nach Punta Cantor an der Küste entlang. Nur ist die Straße leider zu weit im Landesinneren, so daß man von der Küste absolut nichts sehen kann. Somit ist die Fahrt durch diese Pampa ziemlich öde und auf diesen Wellblechpisten auch recht nervig. Am Punta Cantor finden wir dann noch ein paar Pinguine und eine größere Gruppe Seeelefanten. Die Orca´s erscheinen heute aber auch hier nicht auf der Bildfläche. Nach ein paar Stunden auf Beobachtungsposten machen wir uns auf den Weg zurück nach Piramides, dem einzigen Ort auf der Halbinsel, wo wir dann auch übernachten.







Wir verlassen Valdes, fahren aber nur wenige Kilometer bis wir auf die Schotterpiste zur Bucht Doradillo abbiegen. Hier soll man gut am Strand parken und direkt von hier aus auch Wale beobachten können. Wir werden nicht enttäuscht. Da steht man fast mutterseelenalleine an einer Bucht und keine 10 Meter vom Strand entfernt schwimmen die riesigen Meeressäuger am Ufer entlang. Während man dann neben den Walen am Strand entlang spaziert, fragt man sich schon: „wer beobachtet hier eigentlich wen?“. Die Mütter mit ihren Kälbern haben scheinbar viel Spaß miteinander und bieten uns wirklich eine tolle Show. Nachts ist es heute mal völlig windstill und wir hören nur das laute Atmen der Wale – zum leisen Schnarchen einer Welpendame im Hintergrund.







Nächstgrößerer Ort auf unserem Weg ist Puerto Madryn. Wir gönnen Mia und uns mal ein paar ruhige Tage auf dem Campingplatz des Ortes und üben uns in Hundeerziehung. Da wir ja blutige Anfänger sind, gibt es einiges zu lesen und im Internet zu recherchieren. Aber Mia macht es uns leicht. Sie lernt schnell an der Leine zu marschieren und setzt sich auf das Kommando „sitz“, ohne daß wir ihr es beigebracht haben. Warum auch immer! Bis jetzt macht sie uns jedenfalls unheimlich viel Freude, wächst nur ein bisschen zu schnell. Der kleine Welpe war gestern, heute ist Mia schon so groß wie manch ausgewachsener Straßenhund mittlerer Rassen und wiegt fast 7 kg. Puerto Madryn nutzen wir zum Großeinkauf und nehmen uns die Zeit zum Relaxen und Vorbereiten der weiteren Tour durch Patagonien.



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