Wir nehmen den kleinen Grenzübergang bei Cerro Castillo nach Argentinien und sind innerhalb weniger Minuten problemlos eingereist. Unser nächstes Ziel ist der Perito Moreno Gletscher im Nationalpark Los Glaciares. Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir den Nationalpark und spazieren auf einem komfortablen Wanderweg bis an die über 50 Meter hohe Gletscherkante heran. Wir haben bisher schon einige Gletscher besucht, aber der Anblick hier ist schon der absolute Hammer. Der Perito Moreno Gletscher ist einfach gigantisch und alle paar Minuten bricht laut krachend ein Teil der vorderen Gletscherwand ins Wasser. Von rund 3.000 Metern Höhe ragt der Gletscher herunter bis auf 185 Meter und endet im Lago Argentino. Er ist einer der wenigen Gletscher die sich nicht zurückziehen sondern wachsen. Gut drei Stunden genießen wir den Anblick, bevor wir uns wieder losreißen können, verbringen aber den Nachmittag gemeinsam mit Mia am gletscherblauen Lago Argentino, von wo man die Eiswand noch aus der Entfernung betrachten kann.
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Danach führt der Weg an den Lago Roca, wo es zwei Campingplätze gibt, die ausgesprochen schön sein sollen. Hätten wir allerdings vorher gewusst, was für eine schlechte Waschbrettpiste dorthin führt, wären wir wohl gleich nach El Calafate gefahren. Genervt erreichen wir schließlich das Ziel und entscheiden uns für den Camping El Huala. Der kostenlose Platz bietet einen schönen Blick auf den See und die umliegenden Berge und wir stehen ganz allein auf einer Wiese. Ganz allein zumindest so lange, bis wir überraschend einen Nachbarn haben, der uns nicht unbekannt ist. Den Schweizer Ernest haben wir mit seiner Frau Susanne 2011 in einem Statepark in Kalifornien kennengelernt. Während Susanne aktuell zu Hause ist, bringt Ernest das Mobil von Ushuaia nach Montevideo und wird von Doriana, einer guten Freundin von Susanne, begleitet. Und jetzt steht er plötzlich neben uns und natürlich ist die Freude darüber groß. Bei ein paar Gläschen Wein gibt es viel zu erzählen und wir quatschen bis in die Dunkelheit. Ernest ist außerdem Hundefachmann und gibt uns am nächsten Morgen eine kleine Demonstration, wie man Mia ein paar wichtige Kommandos beibringt.



Wieder in El Calafate erkunden wir das touristische Dorf mal etwas näher. Die Preise hier sind für argentinische Verhältnisse gesalzen, was sich zum Beispiel mit 4,50 EUR für ein Stück Schwarzwälder Kirsch Torte oder knapp 5 EUR für einen Cappuccino widerspiegelt. Wir treffen hier auch wieder unsere holländischen Freunde und gehen mit den Beiden in eine Parilla libre. Das bedeutet für mich, man bedient sich am Buffet so lange, bis man nix mehr rein bringt. Bei dem köstlichen Lamm vom Grill dauert das ne ganze Weile. Und für 15 EUR incl. Wein war es diesmal absolut sein Geld wert. Am nächsten Morgen heißt es dann aber wieder für mich: Erkältung auskurieren. Die zweite Erkältung in diesem Jahr, und wir haben erst Anfang Februar! Auch das gehört eben zum „patagonischen Sommer“. Kalte Temperaturen und halt immer dieser Wind. Etwas erholter lassen wir ein paar Tage später im Ort die Reifen wuchten und füllen unsere Gasflaschen auf. Danach heißt es wieder: Erkältung auskurieren. Diesmal hat es Claudia erwischt. Schließlich kränkelt auch noch Mia und wir überlegen schon, auch das nächste Wochenende zu bleiben. Doch der heute noch fast leere Campingplatz ist ab morgen ausgebucht(!?!). Ein großes Fest, an dem sogar die Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner persönlich dem Nest einen Besuch abstattet, beginnt morgen und die Massen strömen schon heute nach Calafate. Daß wir noch mitten in der Nacht den Platz verlassen liegt schlicht und ergreifend daran, daß wir hier heute kein Auge schließen würden. Laute Musik und Zelte, die „ans“ Wohnmobil angebaut wurden, veranlassen uns zum Aufbruch.



Nach einer ruhigen Nacht auf dem Parkplatz eines Supermarktes begibt sich unser fahrendes Lazarett wieder auf die Ruta 40 Richtung El Chalten. An eine Wanderung am berühmten Bergmassiv „Fitz Roy“ ist aktuell nicht zu denken. Der Wind bläst hier noch viel stärker und rüttelt unseren Großen nachts ordentlich durch. Claudia läßt sich trotz des stürmischen Windes, aber bei strahlendem Sonnenschein, zu einer kleinen Wanderung hinreißen, die sie aber danach wieder mit einer saftigen Erkältung bezahlt und ins Bett zwingt. Nach zwei weiteren durchgeschüttelten Nächten geht es für die nächsten 200 km wieder auf die Ruta 40. Davon sind 75 km nervenaufreibender Schotter. Spät am Nachmittag sind wir dann in dem Ort Gobernador Gregores und treffen dort – auf dem kostenlosen(!) Camping Municipal mit Strom, heißen Duschen, Wasser und einigen Grillstellen – einen Panamerikanareisenden der besonderen Art. Alexander ist auf seinem Vespa-Roller von Alaska bis nach Ushuaia gefahren und befindet sich jetzt auf dem Weg nach Montevideo, um von dort mit seiner treuen Maschine für 4 Wochen per Schiff die Heimreise anzutreten.











Bevor wir die Weiterreise antreten treffen wir Korinna und Ole, die an einer Tankstelle nach einer Mitfahrgelegenheit suchen. Wir nehmen das sympathische Pärchen mit und entscheiden uns, gemeinsam zu den „Cuevas de las Manos“ zu fahren. Für einen Besuch der Höhlen mit seinen vor 9000 Jahren gemalten Händen ist es aber schon zu spät und so schlagen wir oberhalb der Schlucht des Rio Pinturas bei einem grandiosen Ausblick unser Nachtlager auf, während die Beiden neben uns ihr Zelt aufbauen. Nach einer klaren Nacht mit spektakulärem Sternenhimmel geht es dann nach dem Frühstück hinunter zu den Felsbildern. Eine argentinische Führerin erklärt uns in Spanisch die Details zum Ursprung und die Bedeutung der Wandmalereien, wobei uns Korinna die zahlreichen Erläuterungen perfekt übersetzt.















Während Korinna und Ole im Ort Perito Moreno an der Tankstelle gleich eine weitere Mitfahrgelegenheit finden, die sie nach Coyhaique bringt, heißt es für uns erstmal "warten", da wir für Mia bei der „Gesundheitsbehörde SENASA“ Papiere holen müssen, um sie über die Grenze nach Chile zu bringen. Hatten bisher alle SENASA Büros samstags geöffnet, ist hier in Perito Moreno leider geschlossen und wir müssen bis Montag warten. Danach geht es bei Chile Chico über die Grenze und alles geht problemlos von Statten. Landschaftlich geht es hier wahrlich durch eine traumhafte Gegend und unser Großer kämpft sich bravourös über die steile Schotterpiste mit seinen Löchern und Steinen, die es andauernd zu umfahren gilt. In dem fast menschenleeren Ort Fachinal finden wir einen windgeschützten Platz für die Nacht. Am darauffolgenden Morgen bekommen wir Besuch von einer Einwohnerin mit ihren Kindern und Hunden. Sie wundert sich über uns, da Besucher nur selten hierher finden, freut sich dann aber sehr, als Claudia ihr ein Paket mit Kleidung in die Hand drückt. Danach geht es für uns noch weiter entlang des Lago General Carrera, bis nach Puerto Guadal, wo wir diesmal direkt am See einen Übernachtungsplatz finden.















Rio Tranquillo erreichen wir am späten Nachmittag und treffen dort auf Bärbel und Jens, die wir schon in Punta Arenas kennengelernt haben. Den Beiden ging am Tag zuvor bei einer steilen Auffahrt das Allradgetriebe ihres Sprinters kaputt und nun warten sie hier auf einen LKW, der sie nach Coyhaique zum dortigen Mercedeshändler bringt. Wir leisten den Beiden Gesellschaft und warten, bis der Sattelschlepper in Rio Tranquillo erscheint. Und das dauert eine Weile. Den Fahrer des ersten Abschleppfahrzeuges zu überzeugen, daß er mit seiner Kiste keinen 5-Tonner transportieren kann, gelingt erst, als bei der Auffahrt des Sprinters sein Führerhaus etwas die Bodenhaftung verliert. Das Versprechen, er hätte schon telefonisch einen Sattelschlepper geordert, der sich bereits auf dem Weg machen würde, entpuppt sich als Märchen, da diese Firma gar keinen Sattelschlepper hat, was Bärbel und Jens allerdings erst am späten Nachmittag des nächsten Tages in Erfahrung bringen. Claudia nutzt derweil die Chance, die Marmorhöhlen im Lago General Carrera zu besuchen. Bootstouren gehen mehrfach täglich zu den Höhlen, deren ausgespülte blauschimmernde Kalksteinfelsen ein paar schöne Fotomotive bieten.











Einen weiteren Tag später gelingt es dann dem Mercedeshändler in Coyhaique einen privaten Sattelschlepper zu beauftragen, um Bärbel und Jens samt deren Sprinter abzuholen. Und tatsächlich nach insgesamt 4 Tagen erscheint noch knapp vor Einbruch der Dunkelheit der Truck, dessen Fahrer noch in der Nacht aufbrechen will. Nachts! Über die Carretera Austral Schotterpiste! Wir beobachten noch das nicht ganz einfache Beladungsmanöver und wünschen den Beiden für die Fahrt viel Glück. Am nächsten Morgen machen auch wir uns auf den Weg und nehmen die Carretera Austral unter die rüttelnden Räder. Schneller als 15 km/h zu fahren ist kaum möglich und so benötigen wir entlang der Strecke mehrere Übernachtungsstopps. Bei einem dieser Stopps treffen wir Kevin aus New York, der im kalten Regen mit seinem Fahrrad unterwegs ist und neben uns sein Zelt aufschlägt. Wir laden ihn in ein bei uns im Warmen zu sitzen und stellen ihm auch gleich die Küche zur Verfügung. Es wird ein langer und netter Abend mit dem sympathischen Kevin. Da auf der weiteren Strecke die Carretera Austral nur mit vielen Baustellen und täglichen stundenlangen Wartezeiten zu befahren ist, beschließen wir in Puerto Cisnes die Schiffspassage nach Chiloe zu nehmen. Von hier ist der Preis am günstigsten, wir ersparen uns die restliche Rüttelpiste und können die Fjordlandschaft vom Schiff aus genießen.















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