Die Überfahrt auf die Insel Chiloe kostet von Puerto Cisnes aus nur halb so viel wie von den anderen Häfen an der Carretera Austral. Außerdem dauert mittwochs die Überfahrt nur 12 Stunden, was für Reisende mit Hund auch ein wichtiges Argument ist. Sowohl die Auffahrrampe des Hafens als auch die ausgeklappte Rampe der Fähre sind relativ steil, die Jungs vom Schiff verstehen aber ihr Handwerk und schnell sind die hilfreichen Bretter am richtigen Platz untergelegt und wir kommen ohne Probleme auf die Fähre, wo wir einen Platz ganz vorne an der Rampe zugewiesen bekommen, damit unser Solar auch den ganzen Tag Sonne bekommt. Wir dürfen natürlich auch im Fahrzeug bleiben und können so Mia Gesellschaft leisten. Die Überfahrt durch die Fjordlandschaft, vorbei an dem Gletscher Ventisquero Colgante, sowie einem Zwischenstopp an der Insel Melinka, ist kurzweilig und wir erreichen kurz vor 1 Uhr nachts den Hafen bei Quellon. Zu unserer Überraschung steht Kevin, der Biker von der Carretera Austral, bei der Ausfahrt des Hafengeländes. Er dachte sich schon, daß wir wohl mit dieser Fähre ankommen und begrüßt uns hier mit einer Packung Katzenzungen (für unsere jüngeren Leser: Katzenzungen = Schokoladenspezialität aus Deutschland).
Ich habe schon seit ein paar Monaten Knieprobleme und wir mußten deswegen auf die vielen Wandermöglichkeiten, vor allem am Torres del Paine oder am Fitz Roy, verzichten. Bislang haben wir noch nicht näher nach einem Arzt Ausschau gehalten, wollen das aber jetzt in Chile tun. Vor allem, weil wir von der Clinica Aleman gehört haben und ich die Hoffnung habe, hier einen deutschsprechenden Arzt anzutreffen. Clinica Aleman hat in vielen Städten Chiles eine Niederlassung und so auch in Puerto Varas. Zu meiner Überraschung erklärt man mir dort, daß es hier weder deutsch- noch englischsprechende Ärzte gibt. Doch beim Verlassen der Klinik treffen wir auf einen Mann, der die Verwunderung in unseren Gesichtern erkennt und fragt, ob er uns helfen kann. Nachdem wir ihm unsere Geschichte erzählt haben, gibt er sich als Arzt zu erkennen, der hier gerade einen Besuch abgestattet hat, aber in einer Klinik in Puerto Montt arbeitet. Spontan lädt er uns für den morgigen Sonntag zum Grillen bei sich zu Hause ein und so sitzen wir am nächsten Tag mit Juan und seiner sehr sympathischen Familie in einem riesigen Garten und werden mit zahlreichen Grillspezialitäten verwöhnt. Nach dem Essen untersucht Juan sowohl mein als auch Claudias Knie, da auch sie seit einiger Zeit über Knieschmerzen klagt. Während Claudia mit einem Rezept für Medikamente versorgt wird, bekomme ich eine Überweisung zu einem Radiologen, um dort ein Kernspintomogramm machen zu lassen. Am nächsten Morgen fahren wir 90 km bis nach Osorno. In der dortigen Clinica Aleman gibt es Spezialisten für Magnetresonanzbilder und dank Juans Vermittlung habe ich bereits am Dienstagmorgen einen Termin. Wir besichtigen danach das Zentrum von Osorno, schlafen am Parkplatz der Klinik und bekommen schon am Mittwoch gegen Mittag das Ergebnis. Mit der CD und einer spanischen Diagnose geht es wieder zurück in Richtung Puerto Varas. Wir haben aber noch Zeit und machen einen kurzen Abstecher nach Frutilla, einem von deutschen Auswanderern Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Ort. Die deutschen Wurzeln sind unverkennbar, sind doch fast alle Namen der Geschäfte, Hotels und Restaurants deutschen Ursprungs. Leider haben wir keinen Hunger und lassen Angebote wie „Haxn“, Bratwürste mit Sauerkraut oder Wiener Schnitzel im Restaurant des Club Aleman links liegen, gönnen uns aber dann doch noch ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte in einem kleinen Café an der Seepromenade. Am Abend sind wir dann zurück in Puerto Varas, wo wir zunächst an der „Municipalidad“ parken. Macarena, Juans Frau, ist Malerin und heute beginnt hier eine mehrwöchige Ausstellung einiger ihrer Werke. Wir sind zur Eröffnung eingeladen und bewundern Maca´s Bilder. Nach der Eröffnungsfeier nimmt sich Juan Zeit für meine Diagnose und erklärt mir, in Puerto Montt gibt es einen Kniespezialisten und ich sollte auch ihm die Diagnose zeigen. Kaum nötig zu erwähnen, daß ich dank Juans Vermittlung schon am nächsten Tag einen Termin beim Spezialisten Dr. Osses habe, obwohl der am Donnerstag eigentlich gar keine allgemeine Sprechstunde hat. Und dann geht alles ganz schnell. Dr. Osses erkennt, daß am Meniskus einige Problemstellen per Arthroskopie entfernt werden müssen. Die OP-Vorbereitungen sind schnell erledigt und schon liege ich in der „Clinica los Andes“, endlich befreit von schmerzenden Meniskusfranzen, mit Blick auf das Meer sowie auf Claudia und Mia im Mobil, das direkt unten auf dem Parkplatz steht. Nach einer Nacht in der Klinik darf ich dieselbe schon wieder verlassen und wir fahren auf einen sehr schön gelegenen Campingplatz am Lago LLanquihue, wo ich schon mal mit den ersten Reha-Maßnahmen beginne. Nach 5 Tagen fahren wir wieder nach Puerto Montt. Dr. Osses zieht die Fäden und schaut sich das Knie noch einmal an. Alles ist ok und am Nachmittag sind wir auf dem Highway in Richtung Norden. Wir wollen morgen wieder nach Argentinien einreisen und parken nahe der Grenze in Entre Lagos. Während Claudia das Abendessen zubereitet, beobachte ich Mia, wie sie mit einem jungen Schäferhund um die Wette rennt. Wie verrückt hetzen die Beiden über die Wiese. Mia hat die Angewohnheit, sich beim Spielen mit anderen Hunden nach dem Rennen auf den Boden zu schmeißen und dann den Spielkameraden von unten zu bearbeiten. Das wurde ihr heute leider zum Verhängnis, denn der tollpatschige Schäferhund springt unkontrolliert auf sie drauf, was in einem lauten Jaulkonzert endet. Sie kann auf dem rechten Vorderlauf nicht mehr auftreten und wir fahren gleich nach Osorno, da es in Entre Lagos keinen Tierarzt gibt. Die Tierklinik in Osorno hat um 20 Uhr zum Glück noch geöffnet und das Röntgenbild zeigt uns einen doppelten Bruch des Beines. Mia hat starke Schmerzen. Ihr Bein wird mit einer Schiene bandagiert und wir haben nun die Aufgabe, darauf zu achten, daß die Bandage nicht feucht wird und Mia sich die nächsten 4 Wochen ruhig verhält. Das klingt bei unserem Energiebündel irgendwie nach einer schwierigen, einer sehr schwierigen Aufgabe.
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