Nach den „Wal-Wochen“ an der Küste wollen wir auf der Ruta 25 von der Ostküste Argentiniens quer durch die Region Chubut bis zur westlichen Seite Richtung Anden fahren. Das bedeutet, es geht durch eine ziemlich triste Steppenlandschaft wie in der „La Pampa“. Es soll aber auf dem Weg auch ab und zu Möglichkeiten zu kleinen Abstechern in etwas schönere Regionen geben. Die Erste davon bietet sich rund 110 km nach Trelew und wir folgen dem Wegweiser zum Dique Florentino Ameghino Staudamm. Nach weiteren 12 km öffnet sich hier die Steppe und es geht hinunter in ein Tal zu einer kleinen Siedlung. Diese liegt genau hinter einer großen Staumauer, die den Rio Chubut zum Ameghino See aufstaut und dessen Anden-Schmelzwasser über die Turbinen des Wasserkraftwerkes die Region mit Strom versorgt. Die kleine Oase hier bietet neben ein paar Läden und Restaurants noch einen in der Nebensaison kostenlosen Camping Municipal, der uns gleich mal wieder zu einer 4-tägigen Pause einlädt.
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Die nächsten Tage sind geprägt von der Suche nach einem funktionierenden Internet. Wir müssen dringend Kontakt mit der Heimat aufnehmen und fahren entlang der Ruta 25 von Dorf zu Dorf. In Las Plumas wird unsere Sim-Card (vom Telefonanbieter Claro) nicht unterstützt. Gleiches gilt für Los Altares. Bei dem etwas größeren Ort Paso de los Indios wollten wir eigentlich in die Ruta 12 abbiegen, um durch ein schönes Tal entlang des Rio Chubut zu fahren. Aber auch in Paso de los Indios gibt es kein Internet und kein Claro Signal und so streichen wir den Canyon und nehmen die schnellere Variante auf der Ruta 25. Als es dunkel wird übernachten wir neben einer Tankstelle – Strom gibt es nur über einen megalauten Generator, kein Wifi, kein Telefonsignal – und fahren am nächsten Morgen weiter bis nach Esquel. Hier finden wir doch tatsächlich, nach „knapp“ 600 km! Fahrt durch Argentiniens Pampa, ein funktionierendes Wifi- und Claro-Signal.



Esquel ist ein kleines, überschaubares Städtchen und im Winter ein beliebter Skiort. Es gibt hier einige Supermärkte und wir füllen wieder unsere Vorräte auf. Dann nutzen wir nochmal das öffentliche Internet einer Tankstelle, bevor es ein kurzes aber steiles Stück hinauf zur Laguna Zeta geht. Der kleine See liegt mitten in einem Naturschutzgebiet, mit herrlichem Blick auf die Berge und bietet für uns eine willkommene Abwechslung nach den langen Fahrtagen.







Nur 20 km nach Esquel erreicht man den kleinen Ort Trevelin, der Ende des 19. Jahrhunderts von Auswanderern aus Wales gegründet wurde. Die walisischen Spuren sind noch überall zu erkennen. Sowohl an der alten Mühle, die dem Ort sogar zu dem Namen verhalf („Trefelin“ ist walisisch und bedeutet „Mühlenstadt“), als auch an vielen walisischen Namen und, sehr zu meiner Freude, auch an den Künsten der walisischen Bäckereien. Auf dem Weg durch die Seitenstraßen des Ortes muß ich einfach auf die Bremse treten, sehe ich doch im Garten eines Anwesens einen originalen, top gepflegten Fiat 500. Nebendran einen VW-Käfer und noch ein paar andere Oldtimer in super Zustand. Der Besitzer freut sich scheinbar über mein Interesse, ruft mich zu sich und schwups sind Türen und Motorhauben geöffnet. Nur Gleichgesinnte können meine Freude über die optischen Schmankerln und den „originalen“ Geruch im Innern dieser antiken Fahrzeuge verstehen. Danach machen wir eine Pause, trinken gerade Kaffee zu einer dieser leckeren Kuchenteile walisischer Backkunst, als ein Wohnmobil mit einem uns wohlbekannten Kennzeichen um die Ecke zischt. Es ist Willi aus Lauf in seinem grünen Sprinter. Beim gemeinsamen Abendessen in unserem Mobil gibt es dann natürlich einige interessante Geschichten zu erzählen. Nach einem unterhaltsamen Abend beschließen wir, uns am nächsten Morgen zusammen auf einen Campingplatz zu begeben, der 12 km außerhalb von Trevelin liegt und sehr schön sein soll.











Der Campingplatz „Eco Camping Nant y Fall“ ist für uns einer der Schönsten in ganz Argentinien. Erst 2013 eröffnet, sind die 7 Stellplätze neben einem Weinberg (die ersten Weine gibt es im Jahr 2016) sehr schön und mit viel Geschmack angelegt worden. Der Ausblick in diesem Tal auf die umliegenden, noch schneebedeckten Berge und über die saftigen Wiesen ist einfach toll und wir alle fühlen uns hier extrem wohl. Willi hat aber mehr Reisestress als Unsereins und während er nach zwei Tagen weiter in Richtung Süden düst, richten wir uns erst mal richtig ein und bleiben….noch ein paar Tage länger. Für Mia`s Unterhaltung ist auch bestens gesorgt. Besitzer Sergio hat zwei Hunde, die 4 Jahre alte Martina, eine Border Collie Hündin, die jedoch nicht so begeistert von der jungen Besucherin ist und Mia des Öfteren „energisch“ in die Schranken weist. Dafür macht der 4 Monate alte Sacarias alles wieder wett. Die Beiden fetzen den ganzen Tag über die Wiesen, plantschen im Bach und haben einfach nur ihren Spaß bevor sie jede Nacht in einen Tiefschlaf versinken.











Einen kleinen Einblick in die Schönheit der Natur in diesem Tal geben sicherlich auch die Bilder, die wir auf unserer Wanderung vom Campingplatz hinauf zum Wasserfall Nant y Fall machen. Die 4 km zum Eingang des Parks führen uns durch eine Gegend, die uns sehr an Kanada erinnert. Den Park selbst wollen wir eigentlich gar nicht besuchen, haben wir doch zwischenzeitlich schon jede Menge Wasserfälle gesehen und der Eintritt für Ausländer ist auch relativ teuer. Am Eingang angekommen ist das Kassenhäuschen aber geschlossen und wir laufen einfach weiter bis zu den Wasserfällen. Wieder zurück sind Info und Kasse zwar besetzt, der Ranger grüßt aber nur sehr freundlich und fragt ob es uns gefallen hat. Es hat!







Wir reisen mittlerweile mit stark angezogener Handbremse. Es gibt ja auch keinen Grund zur Eile, und wenn uns ein Platz gut gefällt, dann bleiben wir halt einfach mal ein paar Tage. Einziges Problem diesbezüglich ist dann schon mal eine ablaufende Aufenthaltserlaubnis. Und nachdem unsere 3 Monate für Argentinien nächste Woche zu Ende gehen, wir aber unsere geplante Strecke noch nicht geschafft haben, müssen wir irgendwie unsere Visa verlängern lassen. Der Grenzübergang nach Chile bei Futaleufu ist nur ca. 25 km vom Campingplatz entfernt und wir entscheiden uns, Mia hier zu lassen und mal kurz zur Grenze zu fahren. In der Hoffnung, einfach an der argentinischen Grenze neue 90 Tage eingestempelt zu bekommen, lassen wir Mia bei Anke und Wolfgang, die mittlerweile hier angekommen sind und auch ein paar Tage bleiben wollen. Den Grenzbeamten auf argentinischer Seite ist so ein Vorgehen aber vollkommen fremd und sie schicken uns nach Chile. Sie geben uns den Tipp, mal für ein bis zwei Stunden in den nächsten Ort zu fahren und dann einfach wieder zurückzukommen. Sie behalten auch die Papiere von unserem Großen, damit bei unserer Rückkehr gleich die Daten übernommen werden können. Und genau so gehen wir die Sache dann an, fahren über den chilenischen Grenzposten, shoppen zwei Stündchen durch den netten Ort Futaleufu in Chile und danach geht es auch wirklich problemlos wieder zurück nach Argentinien, mit einer Aufenthaltserlaubnis für weitere 90 Tage.



Nach fast zwei Wochen bei Sergio am Camping Nant y Fall geht es dann aber doch mal wieder weiter. Nächster Anlaufpunkt ist der nur wenige Kilometer von Trevelin entfernte Nationalpark Los Alerces. Wie schon die letzten Tage ist uns das Wetter wohlgesonnen und am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Unter der Woche ist man hier mutterseelenallein auf der Straße unterwegs. Nach einer Nacht am Camping Las Rocas fahren wir tiefer in den Park, spazieren noch kurz zu einem Wasserfall und finden dann einen schönen Stellplatz bei Punta Mattos am Lago Futalaufquen mit tollem Blick auf den See und die schneebedeckten Berge im Hintergrund.
Am Abend kommt noch ein Auto auf den großen Wiesenplatz am Lago. Die beiden Berliner Ulrike und Peter sind mit dem Rucksack auf Tour durch Argentinien und mieteten sich extra ein Auto, um den Park zu besuchen. Ihnen wurde aber in der Touristeninformation verschwiegen, daß alle organisierten Campingplätze, Hostels und Geschäfte zu dieser Jahreszeit noch geschlossen sind, und so stehen sie ohne Proviant am See. Wir freuen uns, diese Pechsträhne beenden zu können und laden die Beiden zweimal zu einem First Class Frühstück mit Seeblick sowie zu einem Abendessen in der mobilen 5-Sterne-Küche ein. Nebenbei erhalten sie noch einen kleinen Einblick in das Leben einer Nomadenfamilie der Neuzeit.
Es ist Samstag und einige Besucher kommen in den Park. Wir wollen gerade weiterfahren, da fragt uns ein Argentinisches Ehepaar, ob wir nicht Lust hätten mit Ihnen in ihrem Boot über den See zu fahren. Bei so einem Angebot lassen wir uns nicht zwei Mal bitten und sitzen 10 Minuten später bei Patricia und Alexys im Boot, fahren gemütlich über den See und genießen dabei das grandiose Bergpanorama, das uns der Nationalpark hier bietet. Wir fahren über einen Zufluß zum Lago Krügger und machen eine Pause an einem schön gelegenen Badestrand. Da bei den aktuellen Temperaturen Niemandem der Sinn auf baden steht, unterhalten wir uns nett mit den beiden Argentiniern und testen ausgiebig unsere Spanischkenntnisse, bevor es wieder zurück zum Stellplatz geht.











Wir warten nun noch bis Montag, um die Fahrt durch den Park fortzusetzen, da wir auf dem weiteren Weg einige Wanderungen machen wollen und sonntags doch einiges mehr los ist. Erster Halt ist dann am Rio Menendez. Ein gut angelegter Wanderweg führt uns erst am Fluß entlang und dann durch den Wald zur anderen Seite der Halbinsel an den Lago Verde. Teile des Wanderweges sind gesperrt, da hier in den letzten 14 Tagen mehrfach ein Puma gesichtet wurde, der scheinbar etwas seine Menschenscheu abgelegt hat. Ein zweiter Wanderweg führt uns dann an einen Mirador oberhalb des Lago Verde, von dem man auch einen Gletscher im Hinterland des Sees entdecken kann.







Am Abend erreichen wir den Lago Rivadavia und den kostenlosen Camping Puerto Cañero am Nordeingang des Nationalparks. Von den Stellplätzen kommt nur einer für uns in Frage. Die meisten sind tiefer im Wald oder der Weg ist mit Ästen zugewachsen. Unser Platz direkt am See ist optimal und wir sind jedenfalls von dieser Location so begeistert, daß wir eben…. noch ein paar Tage länger bleiben. Die Bilder lassen eventuell den Grund dafür erkennen.
Wieder kommen neue Reisende an. Wieder sind sie aus Deutschland. Und wieder sind es Berliner! Sylvia und Per parken ihr tolles Mobil im Wald und sind schnell am Feuerholz sammeln. So sitzen wir am Abend gemeinsam mit einer weiteren deutschen Rucksacktouristin, Sabine vom Bodensee, gemütlich am Lagerfeuer und lassen den Tag bei einem Gläschen Rotwein ausklingen.
Am 6. November gibt es dann mal wieder was zu feiern. Genau vor einem Jahr haben wir unser Reiseteam erweitert und Mia ist bei uns eingezogen. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht! Wir bereuen es jedenfalls nicht nun mit Mia durch die Welt zu reisen und ihr gefällt es anscheinend auch ziemlich gut.







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