Wir parken unseren Großen in Blumenau am Camping Florestal. Nicht gerade der schönste Platz Brasiliens, aber er liegt sehr nah an der Vila Germanica, dem Festplatz beim Oktoberfest. Und zu unserer freudigen Überraschung findet hier gerade ein großer Weihnachtsmarkt statt. Nicht, daß wir den uns bekannten Weihnachtsrummel recht vermissen, aber bei 33 Grad im Schatten nimmt man so ein kühles Weihnachtsbier im Weihnachtsbiergarten mit entsprechender Musik und tanzenden Nikoläusen doch gerne mit. Eines meiner Lieblingsbiersorten in Deutschland ist das Bamberger Schlenkerla Rauchbier. Daß es von der Brauerei mehrere Biersorten, ja sogar 4 verschiedene gibt, wußte ich bisher nicht. Auf dem Weihnachtsmarkt von Blumenau in Brasilien werde ich darüber aufgeklärt und alle 4 Sorten stehen vor mir aufgereiht im Regal. Die Euphorie über den Anblick verfliegt leider schnell, als der Verkäufer mir den Preis für einen halben Liter Heimat nennt. Für knapp 11 Euro das Fläschchen bekommt man hier aber 3 Flaschen der einheimischen Ware. Unser Durst bei der Hitze läßt uns da nicht lang überlegen und wir zischen lieber ein paar Fläschchen der Brauerei „Eisenbahn“, ein sehr gutes, brasilianisches Bier. Mir persönlich gefällt Weihnachten in kurzen Hosen besser, als im dicken Mantel, Schal und Mütze. Die Brasilianer lieben aber scheinbar eh alles, was mit deutschem Brauchtum zu tun hat, denn der Festplatz ist gerammelt voll. Am nächsten Morgen schlendern wir bei glühender Hitze durch die Einkaufsstraßen von Blumenau und ergattern ein paar T-Shirts guter Qualität beim „Hering“ – Kleidungshersteller deutscher Abstammung. Die Begeisterung über die Stadt Blumenau hält sich in Grenzen, was aber vielleicht auch an den aktuellen Temperaturen liegt. Bei wieder deutlich über 30 Grad brennt der Asphalt und unser Erkundungseifer geht gegen Null. Schnell geht’s wieder in die Vila Germanica auf ein weihnachtliches „Ozapft is“.
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Den Weihnachtsabend verbringen wir nicht weit entfernt in Pomerode. Eine kleine, deutsche Siedlung, wesentlich ruhiger und gemütlicher als Blumenau und auch mit einigen guten Restaurants ausgestattet. Für uns gibt es am Heiligen Abend leckere Ente mit Blaukraut und Spätzle beim Münchner Michael in seinem Restaurant „Schornstein“. Wir wollen einige Tage in Pomerode bleiben und auch dem Schornstein möchten wir noch den ein oder anderen Besuch abstatten. Aber das erste Mal in all den Jahren on Tour vermissen wir eine Klimaanlage. Bei 40 Grad im Schatten ohne Wind sind wir nahezu bewegungsunfähig und sitzen wie gelähmt zwei Tage auf dem Stellplatz unter den Bäumen. Am nächsten Morgen kündigt uns die Wettervorhersage sogar 42 Grad ohne Wind – gefühlte 47 Grad – an und wir packen schnell alles zusammen und verschwinden aus dem Hitzekessel, ohne die Umgebung von Pomerode noch etwas näher erkundet zu haben.
Es sind Ferien in Brasilien und wir hören, daß alle Strände in diesem Land überlaufen sind. Egal, bei dieser Hitze zieht es uns ans Meer. Es ist ja erst Dienstag und wir finden bei Enseada noch ein freies Fleckchen auf einem öffentlichen Parkplatz am Meer, der sogar extra für Wohnmobile ausgeschrieben ist. Ab in die Fluten, bei „nur noch 37 Grad“, dazu weht eine leichte Meeresbrise. Am Donnerstag bereiten sich die Brasilianer dann so langsam auf den Jahreswechsel vor, drängen in Massen an die Küsten und werfen Böller, was das Zeug hält. Wieder machen wir uns aus dem Staub. Auf der Suche nach einer ruhigeren Gegend mit Strand und Meer erreichen wir die Praia Itaguacu bei Sao Francisco. In einer edlen Wohngegend direkt am Meer parken wir neben einem der zahlreichen schönen Häuschen am Strand und hoffen auf eine ruhigere Nacht. Aber noch ehe die Nacht anbricht, werden wir angesprochen. Von den beiden Häusern, neben denen wir geparkt haben, kommen die Besitzer fast zeitgleich und laden uns zum Essen ein. Beide sind sehr nett und es tut uns schon leid, einem von Beiden absagen zu müssen, aber wir entscheiden uns für das eine Minute früher eingegangene Angebot. So sitzen wir eine Stunde später bei dem deutschstämmigen Ehepaar Osny und Mariester und ihrer sympathischen Familie samt Freunden am Pool und haben einen sehr schönen Abend mit angeregter Unterhaltung, da alle sehr gutes Englisch oder Deutsch sprechen. Am nächsten Tag dürfen wir dann sogar unseren Großen auf dem abgesperrten Grundstück von Osny abstellen und genießen am Abend unser erstes richtiges und absolut leckeres Churrasco.
Heute ist Silvester und Mariester und Osny laden uns zur Feier ein, doch wir wollen Mia nicht noch einen Abend mit Dauerknallerei zumuten. Dankbar verabschieden wir uns von der netten Familie und deren Freunden. Wir machen erst noch einen Abstecher in den Ort Sao Francisco do Sul und spazieren durch die Gassen der historischen Altstadt. Auf der Suche nach einem ruhigen Örtchen und kühleren Temperaturen für die Nacht geht es in höhere Regionen Richtung Curitiba. Wir landen schließlich auf einer Autobahnraststätte. Ein nicht sehr romantischer Platz für den Jahreswechsel, aber relativ weit entfernt von größeren Siedlungen und auch die Temperaturen sind erträglich.
Nach einer einigermaßen ruhigen Nacht fahren wir am Morgen nach Curitiba. Die Hauptstadt der Region Paraná liegt auf 900m Höhe und hat 1,8 Millionen Einwohner. Auf dem Parkplatz des Museums von Oscar Niemeyer stellen wir unseren Großen ab und laufen ins Zentrum, das sonntags wie ausgestorben wirkt. Die Putzkolonnen waren schon sehr fleißig und von der Böllerei der Nacht ist aber auch rein gar nichts mehr zu entdecken. Überhaupt wird in Curitiba scheinbar sehr auf Sauberkeit geachtet. Durch die vielen Sehenswürdigkeiten und zahlreichen Grünanlagen gefällt uns Curitiba wirklich ausgesprochen gut. Am nächsten Tag geht’s noch einmal ins Zentrum zum Shoppen, denn heute haben ja die Läden geöffnet. Besonders einladend ist der Ortsteil Felicidade, der mit vielen italienischen Läden, Hotels und Restaurants bestückt ist. Wir kaufen ordentlich Käse, Salami und Parmaschinken, verzichten aber aus Platzgründen auf den Wein der Weinkellerei Durigan. Außerdem stehen bei Mia die jährlichen Impfungen an und wir finden eine nette Tierärztin ganz in der Nähe.
Nach einer weiteren Nacht am Museum Oscar Niemeyer, wollen wir uns ein paar der zahlreichen Parks etwas näher betrachten. Erst besichtigen wir den „Bosque Joao Paulo II“, eine Grünanlage, die mit historischen Hütten im polnischen Stil dem hier sehr beliebten Papst Johannes Paul dem Zweiten gewidmet ist. Dann fahren wir zum Parque Tangua und weiter über die Opera de Arame zum Parque Barigui, dem größten Park Curitibas. Die sportbegeisterten Einwohner der Stadt nutzen diesen tollen Park zu den verschiedensten sportlichen Aktivitäten, während wir gemütlich um den großen See spazieren, in dem zahlreiche Wasserschweine leben und irgendwo sogar ein Krokodil im Schilf liegen soll. Wir parken auf dem Parkplatz des Barigui und wollen dort auch übernachten. Zu später Stund klopft es aber an der Tür. Zwei Polizisten machen sich Sorgen um unsere Sicherheit. Klar, wir können schon stehen bleiben, und „soooo gefährlich ist es ja nun hier auch nicht“, aber sie bieten uns trotzdem einen Platz auf dem Polizeigelände an, der Teil des Parque Barigui ist und abgesperrt neben einem kleinen Polizeigebäude liegt. Da kann man dann ja auch schlecht „Nein“ sagen und wir fahren den freundlichen Polizisten hinterher. So übernachten wir schließlich auf einem sehr idyllischen Plätzchen in einem kleinen Waldstück neben einem Fußballfeld, das von der Polizeieinheit zur frühmorgendlichen Sportstunde genutzt wird. Wir frühstücken gemütlich und beobachten die Trainingseinheit der Ordnungshüter, bevor wir noch dem Botanischen Garten einen Besuch abstatten.
Wir verlassen die schöne Stadt Curitiba am Nachmittag, kommen allerdings nicht allzu weit. Nur ein paar Kilometer außerhalb der Stadt liegt ein Campingplatz und uns steht der Sinn nach duschen, baden, relaxen. Der Platz von „Camping no Sol“ liegt wunderschön in einer hügeligen Landschaft, bietet Ruhe, eine Wiese für Mia und einen großen Pool fast nur für uns. Und wer hätts gedacht? Wir beschließen, gleich mal für 10 Tage hier zu bleiben. Außerdem werden wieder mal unsere Reisepläne geändert. Auf die Hitze an der Küste und die überfüllten Strände zur Ferienzeit haben wir nun keine Lust mehr. Rio de Janeiro sowie das nördliche Brasiliens machen wir halt dann beim nächsten Mal.
Unser Ziel ist eigentlich der Parque Estadual de Vila Velha mit seinen sehenswerten Felsformationen. Da aber kurz vorher die Kolonie Witmarsum liegt und die Dunkelheit naht, biegen wir ab und statten noch schnell dieser modernen Mennoniten Siedlung einen Besuch ab. Zum Glück gibt es ein Restaurant, das noch geöffnet hat und die Wirtin des „Bierwit“ erlaubt uns sogar, auf deren Parkplatz zu übernachten. So liest sich die Speisekarte samt Bierangebot doch gleich viel entspannter. Die von mir georderte Haxe ist eine der besten, die ich bisher gegessen habe. Vorher geräuchert, dann gegrillt wird sie hier als Eisbein angeboten und in Verbindung mit einem ausgezeichneten dunklen Bier …. hmmm – ein perfekter Abend. Am nächsten Tag erleben wir dann, das Witmarsum sonntags einen wahren Besucheransturm erlebt. Die Strecke hierher ist scheinbar unter Motorradfahrern sehr beliebt und jede Menge Bikes stehen auf dem Parkplatz vom Café Kliewer. Im Biergarten des Kliewer werden die Gäste mit Akkordeon und Geige von Musikern im Trachtenkostüm unterhalten. Zurück beim Bierwit werden wir von dem Deutschen Edward angesprochen, der hier gerade mit seiner Familie zu Mittag isst. Nach kurzer Unterhaltung laden uns Edward und seine Frau Denise spontan für den Abend zu sich nach Hause zum Grillen ein. Bevor wir die sympathische Familie besuchen, machen wir noch einen Abstecher ins Heimatmuseum des kleinen Ortes. Dann parken wir unseren Großen auf dem Grundstück von Edward und Denise und einem netten Grillabend steht nichts mehr im Wege. Am nächsten Morgen werden wir dann noch mit einem Frühstück verwöhnt, bevor wir die Weiterreise antreten.
Am Parque Estadual de Vila Velha stehen wir dann leider vor verschlossenen Toren, denn dienstags ist „Ruhetag“. Wir haben keine Lust einen Tag zu warten und bleiben auf der Autobahn in Richtung Paraguay. Am späten Nachmittag befinden wir uns in der Nähe der Stadt Guarapuava. Hier gibt es eine weitere deutsche Siedlung namens Entre Rios und wir nutzen die Gelegenheit, uns nach einem Übernachtungsplatz umzuschauen. Die Siedlung besteht aus 5 Dörfern und wir parken in „Jordaozinho“ neben einem Restaurant mit dem Namen „Bauern Gasthaus“. Es regnet in Strömen und die Straßen sind wie leergefegt. Aber auch sonst dürfte es hier ziemlich ruhig zugehen, sind die Anwohner meist schon ältere Leute, während die jungen Leute vorwiegend in den größeren Städten arbeiten. Während Claudia das Abendessen vorbereitet, sitze ich mit einem Nachbarn, den ich ob der Übernachtungsstelle gefragt habe, im Bauern Gasthaus und er erzählt mir bei einem Bierchen einiges über die Geschichte der Deutschen hier in Entre Rios. Die Leute sind erst nach dem 2. Weltkrieg hierhergekommen und sind allesamt Donauschwaben. Ich erfahre ein wenig über die Herkunft der Donauschwaben generell und über ein paar einzelne Schicksale der hier wohnenden Familien. Nähere Informationen holen wir uns am nächsten Tag im Dorf Vitoria im Heimatmuseum, das sich im neu gebauten Centro Cultural befindet. Der Eintritt ist frei und vermittelt dem Besucher einen Eindruck über das Leben der Donauschwaben in der „alten Heimat“.
Unsere 3-monatige Aufenthaltserlaubnis läuft in ein paar Tagen aus und so machen wir uns auf den Weg nach Foz de Iguazu. Foz ist sowohl Startpunkt zum Besuch der Iguazu Wasserfälle als auch eine Grenzstadt zu Paraguay. Wir wollen diesmal nicht die uns schon bekannten Wasserfälle besuchen, sondern mit Paraguay mal wieder ein neues Reiseland betreten.
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