Um ins nördliche Pantanal zu kommen legen wir in drei Tagen mehr als 1.400 km zurück. Für uns schon eine mehr als außergewöhnliche Strecke in so kurzer Zeit, aber die Gegend hier ist eintönig und die Temperaturen um die 40°C sind auch nicht besonders einladend. Über 600 km an einem Tag – unser Rekord für Amerika. Eine Leistung, die wir weder ausbauen noch wiederholen möchten.
Kurz hinter Pocone beginnt die Transpantaneira, eine 145 km lange Schotterpiste mit 117 Brücken durch eines der größten und artenreichsten Schwemmgebiete der Welt. Die 40 km zu unserem ersten Etappenziel, der Estancia Vitoria, gestalten sich schon mal relativ nervig. Übelste Wellblechpiste, nur unterbrochen durch die zahlreichen Brücken. Wenigstens sind die ersten 30 Brücken betoniert und bieten eine kurze Erholung vom durchgerüttelt werden. Uwe schont unseren Großen bei einer maximalen Geschwindigkeit von 10 bis 15 km/h und rund 4 Stunden und einige Fotostopps später erreichen wir die Estancia. Am nächsten Tag kommen dann auch schon Chris und Thomas von Porto Jofre. Gemeinsam mit den Beiden wandern wir über gut angelegte Trampelpfade und genießen auf dem Aussichtsturm den Sonnenuntergang. Kaimane zu sehen gehört hier nicht zu den spektakulären Ausnahmen, denn die gibt es hier wie Sand am Meer. Kein See, kein Tümpel, keine Pfütze, in der sich nicht jede Menge dieser freundlich grinsenden Tierchen zeigen. Mehr Glück und Zeit braucht man da schon, um zum Beispiel Pantanalbewohner der Gattung Nasenbär, Sumpfhirsch oder Pantanalfuchs zu entdecken. Bevor Chris und Thomas sich verabschieden, erzählen sie uns noch detailliert vom Zustand der weiteren Transpantaneira und seiner Brücken und wir entscheiden uns schließlich bis nach Porto Jofre zu fahren. Somit trennen sich unsere Wege nach 4 Tagen auf der Estancia Vitoria leider wieder und während Chris und Thomas nach Bolivien aufbrechen, geht’s für uns nach Süden.
Somit ist aber auch weiter diese Wellblechpiste zu meistern. Belohnt werden wir aber mit einem tollen Übernachtungsplatz am Rio Pixaim. Liegestühle raus und den Fluß und die Tierwelt um uns herum beobachtet. Da brüllt doch plötzlich im Gestrüpp auf der anderen Seite des Flusses ein Jaguar. Wow, wir holen das Fernglas und suchen das Ufer ab, können ihn im Dickicht aber nicht erkennen. Na egal, allein zu wissen, daß er sich in unmittelbarer Nähe aufhält, ist schon ein prickelndes Gefühl. Mia darf allerdings ab sofort nur noch unter Aufsicht auf Erkundungstour. Viel haben wir schon über die abenteuerliche Transpantaneira im Vorfeld gelesen. Im Sommer wenn der Regen alles überschwemmt, soll es hier kaum ein Durchkommen geben. Jetzt, im Winter, trocknet das Gebiet langsam aus, die Tiere scharen sich um die verbliebenen Wasserlöcher und die ganze Strecke kann bis Porto Jofre befahren werden, so lange es nicht regnet. Schon bei einer der ersten Holzbrücken bleiben wir aber erst mal stehen und entscheiden uns beim Anblick dieser maroden Konstruktion für eine Umfahrung durch das anfangs ausgetrocknete Flussbett. Ein paar Meter weiter ist der Tümpel aber nicht mehr so trocken und viele Kaimanäuglein tauchen vor uns auf und funkeln uns entgegen. OK, rückwärts wieder retour und die Brücke noch mal näher inspizieren. Da kommt doch tatsächlich ein deutsches Fahrzeug vorbei und fährt über die Brücke. Wir folgen dem Land Rover. Uwe balanciert unseren Großen ganz langsam über die Bretter und wir versuchen dabei noch die hochstehenden Nägel und Eisenteile zu umfahren. Wenigstens ist die Schotterpiste seit dem Rio Pixaim in einem gutem Zustand, aber bis Porto Jofre ist es halt noch weit und 87 Holzbrücken müssen bis dahin überwunden werden. Und einige von diesen Brücken bringen uns echt zum Schwitzen. Nur die Tatsache, daß da ja auch andere Fahrzeuge drüber gekommen sind, läßt uns nicht umdrehen und letztendlich kommen wir heil und ohne Krokodilkontakt am Ende der Straße an. Und schließlich wollen wir ja auch Jaguare in der freien Wildbahn beobachten. Da wir ja schon akustischen Kontakt hatten, sind wir uns sicher, in Porto Jofre einen dieser wunderschönen Großkatzen zu Gesicht zu bekommen. Chris und Thomas gaben uns den Tipp, direkt bei „Oscar“ eine Bootstour zu buchen, um am nächsten Morgen in das Gebiet der Jaguare zu kommen. Oscar wohnt mit seiner Familie auf einem Hausboot, das direkt am Ende einer Landebahn für kleine Flugzeuge im Fluß liegt. Wir zahlen für das Boot 400 Reales, denselben Preis wollen andere Anbieter pro Person. Wir könnten unseren Anteil ja sogar noch verringern, wenn wir Jemanden finden, der uns begleiten möchte. Wir erinnern uns an den deutschen Land Rover und machen uns auf die Suche beim Campingplatz. Und tatsächlich, der Land Rover Fahrer heißt auch Uwe, kommt aus der Nähe von Pforzheim und ist gerade auf der Suche nach einer günstigen Bootstour. So geht es dann zu dritt am nächsten Morgen um 6.30 Uhr in einem relativ bequemen Boot den Fluß entlang, während Mia bei Oscars Frau auf dem Hausboot bleibt und nicht recht glücklich darüber ist. An die 10 Boote sind in gleicher Richtung unterwegs wie wir. Die Bootsführer stehen per Funk in Kontakt miteinander. Sollte irgendwo ein Jaguar gesichtet werden, gibt’s eine Meldung. Doch das Funkgerät macht keinen Muckser, und wir können auch nichts entdecken. Leider! Vom ständigen Absuchen der Uferböschung mit dem Fernglas tun uns schon langsam die Augen weh. Nach 4 Stunden erfolgloser Suche beendet der Bootsführer die Tour und wir machen uns auf den Rückweg. Wenigstens ein paar Riesenotter lassen sich noch blicken und bieten uns eine kleine Show. So ist unsere Enttäuschung nicht mehr ganz so groß. Der Vormittag hat uns ziemlich geschlaucht und wir ruhen uns erstmal aus. Auf eine weitere Tour am Nachmittag oder am nächsten Tag haben wir aktuell keine Lust mehr. Außerdem will Uwe die Strecke und die Brücken schnellstmöglich hinter sich bringen. Statt zu bleiben und dann noch einmal darüber nachzudenken, beschließen wir dummerweise, gleich wieder die Rückreise an den Rio Pixaim anzutreten. Am darauffolgenden Nachmittag treffen wir dann auf eine Gruppe Italiener. Sie haben gestern nach der enttäuschenden Vormittagstour noch eine Bootstour am Nachmittag gemacht und zeigen uns Bilder ihrer Tour. Unglaublich tolle Fotos von mehreren Jaguarsichtungen. Sogar eine Jaguar Mutter, die sich liebevoll um ihren Nachwuchs kümmert. Direkt am Ufer! Sie hat den Fotografen offensichtlich reichlich Zeit gelassen, tolle Bilder von ihrer kleinen Familie zu schiessen. Glückliche Italiener! Und wir sind jetzt erst recht gefrustet, das wir so schnell aufgegeben haben und abgefahren sind. Aber noch einmal zurück? Nee. Auf keinen Fall. Wir verlassen nach einer tollen Zeit das Tierparadies Pantanal und fahren hinauf in die Hochebene Chapada dos Guimaraes. Diese liegt auf 836 Meter und empfängt uns schon mal mit deutlich angenehmeren Temperaturen, also so um die 30°Celsius. Wir kommen in einen Ort, der ebenfalls den Namen Chapada dos Guimaraes trägt, und parken auf einem kleinen Campingplatz keine 200 Meter vom Zentrum entfernt. Am Nachmittag schlendern wir dann durch die netten Gassen von Chapada und kommen sogar noch in den Genuß eines kleinen, schönen Nachtmarktes an der Plaza. Auf unserem Weg nach Brasilia liegt etwas außerhalb der Stadt "Barra dos Garcas" das Thermalbad Aguas Quentes. Auch wenn die Temperaturen nicht unbedingt für einen Thermalbadbesuch sprechen, wollen wir uns das Ganze mal ein wenig näher ansehen. Die Anlage ist sehr schön angelegt und nach der staubigen Zeit im Pantanal gefällt uns dieses satte Grün der tropischen Landschaft, in welche die zahlreichen Becken integriert worden sind. Kurzum, es ist einfach herrlich hier. Sogar ein kleiner Campingplatz ist bei der Thermenanlage integriert und man kann nach Lust und Laune immer wieder die verschiedenen Pools ausgiebig besuchen. Als absolut sehenswert befinden wir das Kolonialstädtchen Pirenopolis. Auch hier finden wir einen Camping im Zentrum und der nette Geschäftsführer spricht gutes Englisch. Er fragt uns nach unserer Heimatstadt und erklärt uns ganz aufgeregt, daß nur ein paar hundert Meter weiter eine Pizzeria zu finden ist, dessen Besitzer auch aus Nürnberg stammt. Somit planen wir für den Abend mal ne Pizza ein und kaum, daß wir im Lokal einen Tisch ansteuern, begrüßt uns schon jemand mit „ihr seid´s die Nürnberger, stimmt’s?“. Die „Pizzeria do Alemao“ gehört also einem Mittelfranken, der vor vielen Jahren nach Brasilien ausgewandert ist und nicht nur ein schönes Lokal in der Innenstadt besitzt, sondern auch ausgezeichnete Pizzas zubereitet. Hartmut hat natürlich nicht allzuviel Zeit, es ist Freitag und da am Wochenende viele Brasilianer nach Pirenopolis kommen sind die Restaurants alle rappelvoll. Unter der Woche hat die Pizzeria aber geschlossen und Hartmut lädt uns spontan ein, am kommenden Montag mit ihm einen kleinen Ausflug in die Gegend um Pirenopolis zu machen. Da wir ja im Zentrum „wohnen“ ist das für uns ein idealer Ausgangspunkt, um am Samstag und Sonntag den historischen Kern mit seinen kopfsteingepflasterten Gassen, hübschen Kolonialhäusern ausgiebig zu besuchen. Gleich hinter Pirenopolis führt eine rumplige Schotterpiste hinauf zur Serra dos Pireneus, und Hartmut stoppt als Erstes bei den Wasserfällen „Cachoeiras Garganta“ und „dos Coqueiros“. Das Wasser hier ist ziemlich frisch, aber Hartmut springt hinein und wir hinterher. Dann fahren wir zu seinem Grundstück, welches beim Parque Serra dos Pireneus liegt. Von dem Haus hat man eine tolle Fernsicht über die umliegende Landschaft, in der es leider in den letzten Tagen zahlreiche Brände gegeben hat und noch immer sind viele kleine Brandherde zu erkennen. Auch von Hartmuts Grundstück sind zahlreiche Bäume und Büsche abgebrannt, sein Haus blieb aber unversehrt. So genießen wir hier noch Kaffee und Kuchen ála Hartmut, bevor wir über den „Pico dos Pireneus“ zurück nach Pirenopolis fahren. Brasilia, die Hauptstadt Brasiliens. Für Uwe war ein Besuch dieser Stadt schon immer so eine Art Kindheitstraum. Durch die Lage der Stadt ist das gar nicht so einfach umzusetzen. Nur wegen Brasilia fährt man ja nicht nach Brasilien. Und man kommt ja hier auch nicht gerade mal so vorbei… wenn man nicht mit einem Wohnmobil durch Südamerika tingelt. Da wir aber genau das tun, war ein Besuch von Brasilia schon lange auf der Liste. Wie die Brasilianer sagen „im Herzen des Landes“ entstand auf einer zentralen Hochebene aus dem Nichts eine Retortenstadt, die erste im 20. Jhd. neu gebaute Hauptstadt der Welt. Der Grundriss erinnert an die Form eines Flugzeuges, die futuristischen Gebäude von Architekt Oscar Niemeyer sind die touristischen Highlights dieser Stadt. Diese liegen fast alle an der Hauptverkehrstrasse, der Eixo Monumental, und wir besichtigen viele dieser Gebäude. Zum Sonnenuntergang geht’s dann noch auf den Fernsehturm und aus der Vogelperspektive haben wir einen tollen Blick auf das nächtliche Kunstgebilde Brasilia. Für Uwe, aber auch für mich hat sich der Besuch der Millionenstadt absolut gelohnt.
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