Es wurde nun wirklich höchste Zeit! Nach über 9 Monaten auf dem Gelände von Andean Roads in Tigre, Buenos Aires, geht unsere Reise am 21.12.2020 wieder weiter! Schnell sind wir auf der Autobahn und ab geht es in Richtung Süden. Endlich wieder fahren… die 300 km bis nach Azul laufen perfekt und wir sind wieder in unserem gewohnten Leben angekommen. Wir suchen uns einen schönen Platz für die Nacht am Fluß Arroyo Azul und genießen den ersten Tag „in Freiheit“.
Unser erstes Ziel ist die Gegend um die Gebirgskette der „Sierra de la Ventana“. Nach über neun Monaten Großstadt tut uns der Blick in die Landschaft und die Natur richtig gut. Wir biegen ab in das kleine Dorf Villa Ventana. Der Ort liegt in einer grünen Oase mit zahlreichen Bäumen mitten in der sonst kargen Region. Wir spazieren durch die Straßen von Villa Ventana, wo sich die Bewohner sichtlich freuen, endlich wieder Touristen empfangen zu können. Viel Kunsthandwerk und kulinarische Köstlichkeiten werden in den netten, zumeist aus Holz gebauten Häusern angeboten. Es gibt auch ein paar schöne Wege um das Dorf und am Ende unserer ersten Wanderung gibt es zur Belohnung gleich mal eine Portion Eis, bevor wir unsere Brot-, Wurst- und Käsebestände in einem der hiesigen Delikatessenshops ordentlich auffüllen.
Am nächsten Morgen geht’s dann aber auch schon wieder weiter. Wir suchen noch für die Weihnachtszeit einen schönen Platz und werden kurz vor Pedro Luro, im Naturschutzgebiet Laguna Salada Grande, fündig. In dieser idyllischen Gegend darf man frei an der Laguna stehen und außer den vielen Wasservögeln, inklusive einer Gruppe Flamingos, ist weit und breit niemand zu sehen. Auf dem Steg genießen wir noch den Sonnenuntergang an diesem Weihnachtsabend, den wir dann kulinarisch bei Sauerbraten, Rotkohl und Klößen gemütlich ausklingen lassen.
Unser nächster Anlaufpunkt ist „Balneario El Condor“, ein Ort an der Küste des Bundesstaates Rio Negro. Aber erstmal sind wir gespannt, wie wohl der Provinzwechsel von Buenos Aires nach Rio Negro funktioniert, denn es wird ein spezielles Dokument für die Einreise benötigt, das wir uns aber schon im Vorfeld besorgt haben. Zu unserer Erleichterung gibt es keine einzige Kontrolle, so daß wir problemlos El Condor ansteuern, einen Ort, an dem wir vor sechs Jahren schon einmal waren. Damals noch mit einem kleinen, ca. 2 Monate alten Fellknäuel namens Mia, die hier zum ersten Mal Sandstrand und Meeresbrise genießen durfte. Und damals wie heute freut sich Mia über den Sand und die Möglichkeit zu rennen, zu buddeln und ins Meer zu springen. Weniger Interesse zeigt sie an den Papageien, die hier in den Felsnischen ihre Nester haben und zu Hunderten mit lautem Gekreische ihre Runden über die Klippen, den Strand und das Hinterland drehen. In der Zeit von September bis Januar kann man hier die weltgrößte Felsensittichkolonie beobachten, wenn sich diese schönen, bunten Vögel in den zahlreichen Höhlen der steilen Felswand einfinden, um zu brüten. Die Location unseres Übernachtungsplatzes und der dazugehörige Blick aufs Meer sind einfach toll und wir können uns erst nach 3 Tagen wieder davon losreißen.
Der Blick aufs Meer, die Sonnenauf- wie die Sonnenuntergänge, sind auch bei unserer nächsten Station nicht zu verachten. 12 Kilometer Küstenlinie stehen zur Verfügung und Schilder mit einem abgebildeten Wohnmobil erlauben ausdrücklich das freie Campen an dem tollen Strand Las Conchillas, der deswegen so heißt, weil er, soweit das Auge reicht, aus Muscheln besteht. Bei Ebbe zieht sich das Wasser aber mehrere Hundert Meter zurück und hinterlässt uns dann einen riesigen Bereich mit feinem Sand. Das ist dann unsere Zeit, um Mia mit ihrem Ball über den Strand zu jagen und ausgiebige Strandwanderungen zu unternehmen. Hier entdecken wir nach 2 km ein geöffnetes Fischrestaurant und lassen uns mehrfach fangfrischen Fisch beim Sonnenuntergang schmecken.
Wir wollten ja eigentlich nur 4 Tage an dem Muschelstrand bleiben, verlängern aber immer wieder. In dem kleinen, 6 km entfernten Ort „Puerto San Antonio Este“ können wir unsere Nahrungsmittelbestände auffüllen, auch wenn das Angebot nicht sehr groß ist. Frisches, sauberes Trinkwasser können wir an einer öffentlichen Stelle kostenlos zapfen. Ein paar Kilometer hinter dem Ort lebt eine Seelöwenkolonie in einem geschützten Bereich an der Küste. Wir entscheiden uns, dort noch kurz vorbei zu fahren, bevor es wieder an unseren Strand zurückgeht. Bei Flut liegen hier an die 100 Tiere, bei Ebbe liegen sie meist auf einer langgezogenen Sandbank weiter draußen. Man erzählt uns, daß wenn die Flut wieder kommt, hier ab und zu eine Gruppe Orcas zu beobachten ist, die nur darauf wartet, daß die Seelöwen von der Sandbank zurück an den Strand schwimmen. Wir sind nun schon so lange hier in San Antonio Este, daß sich Reisefreunde entschieden haben, uns hier zu besuchen. Anke und Wolfgang kennen wir schon einige Jahre und wir haben uns des Öfteren an den verschiedensten Orten getroffen. Sie werden Südamerika bald verlassen und wollen sich bei uns verabschieden, bleiben aber mit uns gemeinsam noch für 5 Tage an diesem Traumstrand. Und somit sind 17 Tage vorbei, als wir San Antonio Este verlassen, um nach Puerto Madryn weiterzuziehen.
In Puerto Madryn parken wir auf einem öffentlichen Parkplatz am Hafen und stehen neben zahlreichen anderen Mobilen in erster Reihe am Meer. Die neu angelegte Strandpromenade wird von den Argentiniern gern besucht. Öffentliche Toiletten und Duschen, schön angelegte Wiesen, saubere Strände und die netten Verkaufsstände im Künstlermarkt tragen ihren Teil dazu bei. Hier wollen wir warten, bis das Wetter gut genug ist, um nach „Punta Ninfas“ zu fahren. Ein Platz, den wir schon 2014 besucht haben und an dem wir diesmal mit mehr Zeit im Gepäck verweilen möchten. Der Blick auf die See-Elefantenkolonie sowie auf die langgezogen Bucht, in der man mit viel Glück auch Orcas bei der Jagd beobachten kann, ist einzigartig. Nach 3 Tagen schaut die Wettervorhersage gut aus und wir begeben uns auf die rund 70 km lange Erdpiste. Doch schon nach 30 km scheitert dieser Plan, da noch etliche Streckenabschnitte nach den Regenfällen der letzten Tage unter Wasser stehen. Auf dem Rückweg nach Puerto Madryn ist dann plötzlich ein immer lauter werdendes Klopfen an der Vorderachse zu hören. Ich mach die Reifen ab und begebe mich auf die Suche, kann aber nichts erkennen. Die Idee, am nächsten Morgen an einen Strandabschnitt auf der anderen Seite der Stadt zu fahren, erweist sich ebenfalls als nicht besonders glücklich, denn hier stehen bereits hunderte von Wohnmobilen. Wir parken auf einem Hügel, gehen ein wenig spazieren und machen uns am Abend wieder auf den Weg zurück zum Hafen. Doch nun wird das Klopfen am Rad immer lauter und wir suchen gleich mal nach einem Automechaniker. Ruben ist im iOverlander empfohlen und er gibt uns für den nächsten Morgen 8 Uhr einen Termin. Das Problem ist dort dann schnell erkannt, das rechte Kugelgelenk der Radaufhängung ist hinüber. In seine Halle würden wir zwar von den Dimensionen unseres Mobils problemlos reinpassen, doch sie ist vollgepfropft mit Rostlauben jeglicher Art. Während dann ein Mechaniker an der Sandstraße die Radaufhängung zerlegt, gibt’s für uns reichlich staubige Grüße von jedem vorbeifahrenden Fahrzeug. Dann bekommen sie das Kugelgelenk nicht aus der Radaufhängung raus. Es wird mit Schweißbrennern erhitzt und mit einem Riesenhammer so lange brutal bearbeitet, bis es herausfällt. Die Arbeiter schwitzen von der Arbeit, ich schwitze allein vom Zusehen. Kurz vor Dunkelheit ist das Kugelgelenk auf der rechten Seite getauscht, der Reifen wieder drauf und Ruben erklärt mir, wir können ja hier schlafen, damit er morgen früh gleich die linke Seite tauschen kann. Doch nach den Beobachtungen der letzten Stunden dank ich ihm recht herzlich, drücke ihm sein Geld in die Hand und sage ihm, daß die linke Seite ja noch funktioniert und wir jetzt wieder an den Hafen fahren. Hasta luego!
Auch unser zweiter Anlauf nach Punta Ninfas scheitert an der noch immer schlammigen Piste, und so fahren wir weiter am Abend an den Strand nach Playa Union, bevor wir uns mal wieder für längere Zeit vom Ozean verabschieden. Im kleinen Ort am gleichnamigen Stausee Embalse Florentino Ameghino legen wir einen Übernachtungsstopp ein.
Und weiter geht die Fahrt entlang des Rio Chubut in eine immer spektakulärer werdende Landschaft. Wir sind fast alleine unterwegs auf dieser tollen Strecke und übernachten noch einmal direkt am Flussufer des Rio Chubut, bevor es dann auf die 300 km Schotterpiste geht, die uns zum „Piedra Parada“ führen soll.
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