Argentinien XVIII
Es geht weiter entlang der Ruta 40. Wir haben keine Ahnung, wie oft oder wie viele Kilometer wir schon auf der berühmten Ruta 40 in all den Jahren hinter uns haben, bzw. wie viele Kilometer der insgesamt 5.300 Kilometer langen Straße wohl noch fehlen. Oft ist die Landschaft entlang dieser Strecke schon echt spektakulär, mancher Streckenabschnitt aber auch eine Herausforderung. Auf diesem Abschnitt geht die Reise wiedermal durch eine außergewöhnliche Region. Vorbei am über 4.000 Meter hohen Vulkan Tromen und durch ein bizarres Gebirge aus Vulkangestein. Wir finden schöne, ruhige Übernachtungsplätze entlang der wenig befahrenen Route und erreichen nach zwei Tagen die Stadt Malargüe in der Provinz Mendoza.
Nachdem unsere Akkus aufgeladen, Wassertank und Kühlschrank wieder gefüllt sind, machen wir uns auf den Weg zum Rio Malargüe. Reisefreunde standen hier einige Wochen während der Pandemie und haben uns diese Location empfohlen. Für 3 Tage genießen wir hier die Ruhe, machen Spaziergänge und haben mal wieder so gut wie keinen Kontakt zur Außenwelt. Kein Telefonservice an unserem Platz! Aber um mal die Emails abzurufen müssen wir nur auf den nächsten Hügel steigen, um uns per schwachem Telefonsignal mit dem Internet zu verbinden.
Am vierten Tag fahren wir nur ein paar Kilometer tiefer ins Hinterland und besuchen die „Castillos de Pincheira“, eine Felsformation genannt „das Steinschloss“. Man zahlt einen kleinen Eintritt und kann durch den Campingplatz über eine Hängebrücke den Rio Malargüe überqueren, um auf ein paar schönen Wanderwegen das „Steinschloss“ zu erkunden. Ein durchaus lohnenswerter Stopp mit einer tollen Aussicht vom oberen Plateau des Castillos de Pincheira.
Keine 80 km nach Malargüe befindet sich eines der bekanntesten Skigebiete Argentiniens, Las Lenas. Jetzt im Sommer ist es ein tolles Wandergebiet und wir biegen deshalb auf die Ruta Provincial 222 ab. Entlang dieser Strecke bieten sich noch Gelegenheiten für Fotostopps. Einmal an der „Laguna de la Nina Encandada“, und zum Anderen an der „Pozo de las Ánimas“, der Brunnen der Seelen. Zwei kreisrunde, konisch zulaufende Brunnen mit ca. 200 Meter Durchmesser.
Der Ort Las Lenas ist bedeutend kleiner als erwartet. Ein paar wenige Hotels, die meisten davon sind jetzt im Sommer geschlossen. Schnell sind wir durch den Ort marschiert, vorbei an den Hotels und den Restaurants, und machen am Schluß noch einen kurzen Einkehrschwung in eine der Skibars, die auch jetzt für die wenigen Touristen geöffnet haben. Dann fahren wir noch ein paar Kilometer weiter, finden einen schönen Stellplatz und schnüren unsere Wanderschuhe, um die nähere Umgebung zu erkunden.
Tags darauf schmerzt mein Knie und wir entscheiden uns zu einer Bewegungspause. Unser Platz am Rio Arroyo ist dafür wie geschaffen, uns fehlt es an nichts. Strom durch die Sonne und Wifi über den guten Telefonservice. Wir verbringen hier sicher die ruhigsten Osterfeiertage seit Jahren. Zu den wenigen Passanten dieser Location zählt eine Gruppe Reiter. Es ist eine von einheimischen Guides geleitete Tour für Touristen, die den Ort besichtigen möchten, an dem im Oktober 1972 ein Flugzeug mit einer uruguayischen Rugbymannschaft abgestürzt ist. Der Absturzort mit dem Flugzeugwrack ist angeblich nur mittels einer mehrtägigen Reise auf dem Pferderücken erreichbar.
Wir verlassen am Nachmittag Las Lenas, fahren knapp 180 km und übernachten an der Costanera vom Stausee Nihuil. Am nächsten Morgen geht es in den Canyon Atuel. Über teils enge Serpentinen mit steilen Abschnitten führt uns der Weg hinab in die Schlucht. Aber der langsame Einstieg in dieses Tal lohnt sich auf jeden Fall. Die gut befahrbare Piste geht entlang des Rio Atuel durch eine tolle, farbenreiche Landschaft und wir genießen die Tour mit gemütlicher Fahrt bis zum ersten Wanderweg, den Claudia in ihrer Wander-App gefunden hat. Dieser Wanderweg hat aber seinen Namen nicht wirklich verdient, ist es doch mehr ein Kletterweg. Der schmale Seitenarm des Canyons ist zumeist von dicken Felsen blockiert, so daß man so gerade noch darüber klettern kann. Mia schafft es oft überraschender Weise selbst, einen Weg zu finden. Ab und zu muß sie aber auch hinauf gehoben werden. Wir fangen gerade an zu zweifeln, ob wir nicht doch das falsche Tal durchschreiten, da treffen wir auf ein paar Kletterer, die sich an den steilen Felsen beweisen. Kurz darauf sind wir auch schon am Ende der Schlucht angekommen und es geht den anspruchsvollen „Weg“ wieder retour.
Nach einer ruhigen Nacht geht es am nächsten Morgen weiter durch eine wirklich spektakuläre Gegend. Wir nutzen noch einige Wandermöglichkeiten durch bunte Felslandschaften und interessante Seitenarme des Canyons, bis wir am Ende den Stausee Valle Grande erreichen und auch hier wieder einen tollen Übernachtungsplatz mit Fernblick über den See finden.
Eigentlich wollten wir noch die Weinregion Mendozas besuchen, aber wir erhalten die Info, dass in zwei Tagen alle Provinzgrenzen schließen. So geben wir Gas und erreichen mit einer Zwischenübernachtung noch rechtzeitig die Provinz Cordoba. Das Wetter wird schlechter und wir spazieren entlang der Staumauer vom „La Vina Damm“ beim See Embalse Allende. Dank dem Regen wird der Rundgang des Parks auf der anderen Seite der Staumauer etwas schneller genommen. So landen wir früher als gedacht im Café und lassen lieber den Blick durch die Fenster bei Kaffee und Kuchen auf uns wirken. Danach geht es weiter in Richtung Cordoba, mit Zwischenstopp in Nono.
Wegen des starken Regens bleiben wir zwei Nächte in Nono auf einer Wiese am Rio de los Sauces, bevor es dann über die Sierras de Cordoba auf die andere Seite der Gebirgskette geht. Genauer gesagt geht es über die Ruta Provincial 34 durch die Altas Cumbres Region. Die RP34 ist nicht nur die kürzeste Verbindung vom Traslasierra Tal zum Punilla Tal, sprich nach Cordoba Stadt, sondern es ist auch eine schöne Passstraße mit der Möglichkeit, den argentinischen Andenkondor mal aus der Nähe zu beobachten. Wir kommen aber nur bis zum Parador Giulio Cesare. Von hier hat man einen tollen Ausblick ins Tal und wir laufen beim Sonnenuntergang noch ein Stück des „Camino del Peregrino“. Wir bleiben zum Abendessen im Restaurant des Parador und dürfen auf dem Parkplatz übernachten.
Der Gedanke an ein Frühstück bei gleichzeitigem „Kondor-Watching“ treibt uns am nächsten Tag frühzeitig zum „Parque Nacional Quebrada del Condorito“, doch das Tor des Nationalparks ist wegen der Pandemie geschlossen. Man soll dort die Kondore perfekt beobachten können und wir sind schon etwas enttäuscht. So fahren wir noch ein paar Kilometer weiter und halten zum Frühstück am „Parador Fundacion Condor“. Kaum sitzen wir am Frühstückstisch, zieht ein großer Schatten über denselben und wir entdecken erstaunt einen Kondor keine 10 Meter über uns. Zu gleicher Zeit kommen die beiden Südtiroler Maria und Christian angefahren, die wir zwei Tage vorher in Nono kennengelernt haben. Zu viert blicken wir ins Tal und zählen an die 20 Kondore, die uns dann über Stunden mit ihren Flugeinlagen begeistern. In der Entfernung erkennen wir sogar Nistplätze und die Jungvögel machen ihre Flugversuche direkt vor unserer Haustür. Durch den erhöhten Fotospot können wir die Kondore extrem nah beim Fliegen fotografieren und erkennen somit gut die enorme Spannweite der Flügel von bis zu 3 Metern. So vergehen die Stunden und der Tag ist vorbei. Wir übernachten kurzerhand an Ort und Stelle. Am nächsten Tag sind die Kondore noch aktiver und beeindruckender als am Vortag. Wir bleiben, beobachten, schießen Fotos, quatschen mit Maria und Christian, und bleiben einfach noch einen Tag am „Parador Fundacion Condor“.
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