Brasilien XIII
Unser Ziel in Brasilien ist ein kleiner Badeort nahe Porto Seguro. Graffiti-Künstler „Kleber Santos“ hat uns mitgeteilt, daß er sich auf das „Projekt“ schon sehr freut und auch schon ein paar Ideen hat. Von der Grenze bis Porto Seguro liegen aber noch 2.600 km vor uns und Claudia hat einige Zwischenstopps eingeplant. Die Strecke hat es in sich, die Straßen sind zum großen Teil in einem extrem schlechten Zustand. Schon nach zwei Tagen gibt bei unserer Ankunft in Sertanopolis einer der Zwillingsreifen über den Reifendrucksensor eine Warnung ab und muß bei näherer Betrachtung gewechselt werden. Da wir nicht ohne Ersatzreifen fahren wollen, geht es in der nächsten Großstadt „Bauru“ zum Reifenhändler. Der Continental-Shop hat unsere Größe 215 nicht auf Lager, fragt aber für uns in jedem anderen Geschäft in Bauru nach. Doch nichts zu machen, er erhält nur negative Rückmeldungen. So entscheiden wir uns, zumindest einen guten Van-Conti mit Größe 205 zu kaufen und lassen diesen montieren. 70 km weiter sind wir aber schon wieder mit einem neuen Riss in einem der anderen Zwillingsreifen bei einer Gomeria und lassen den Reifen tauschen, wobei uns der Monteur gleich noch auf eine ziemlich große Beule bei einem weiteren Reifen aufmerksam macht. Wir fahren wieder zurück nach Bauru zum Conti-Laden und kaufen noch 3 dieser kleineren 205er-Reifen, da offensichtlich alle hinteren Reifen einen ziemlich üblen Zustand aufweisen. Der Satz Hankook-Reifen hat somit die schlechteste Kilometertauglichkeit mit 19.000 km bei den Vorder-, und 28.000 km bei den Hinterreifen abgeliefert. Nun fahren wir mit 4 neuen „Vanco 3 Continental Reifen“ auf den Zwillingen weiter in Richtung Porto Seguro.
Ein weiterer Zwischenstopp ist in dem Bundesstaat Espirito Santo, im Park „Estatal da Pedra Azul“ eingeplant. Die Gegend erinnert nicht zuletzt wegen der Namen an den Geschäften und Hotels an Italien, auch landschaftlich und kulinarisch sind wir hier sehr nahe an Bella Italia. Die vielen italienischen Einwanderer haben die Gegend nachhaltig geprägt. Natürlich bleiben wir hier gleich mal 2 Tage hängen und decken uns ein mit leckerstem Formaggi, Crudo, Salami und Olivenöl.
Noch liegen 700 km vor uns und langsam nähern wir uns der Küste. Bei Vitoria geht es auf der vielbefahrenen Autobahn weiter nach Norden. Während ich hinter einem LKW festhänge, sehe ich, wie plötzlich unter dem LKW ein Straßenbegrenzungsmarker auftaucht. Mit einem langen, fetten Nagel, nach oben gerichtet auf der Straße liegend. Ich kann gerade noch mit den Vorderrädern an dem Nagel vorbei lenken, eine Sekunde später pfeift erneut unser Reifendrucksensor. Einen unserer neuen Conti´s hat es erwischt. So viel Pech mit den Reifen innerhalb einer Woche hatten wir in den gesamten 12 Jahren nicht. Zum Glück kommt gleich eine Ausfahrt zu einer Firma mit Extrazufahrt und ich kann dort den Reifen wieder einmal wechseln. Nächster Halt ist somit etwas nördlich von Vitoria die Stadt Serra. Nicht besonders einladend, aber immerhin mit einer Tankstelle inklusive Gomeria. Das Loch ist zu groß zum flicken und der Reifenmonteur vulkanisiert die defekte Stelle im nagelneuen Reifen. Claudia findet kurz nach Serra bei „Enseada das Garcas“ einen tollen Platz am Strand und wir legen gleich mal zwei Tage Pause nach der stressigen Fahrerei ein.
Da die weitere Strecke entlang der brasilianischen Küste verläuft, finden wir noch einige schöne Plätzchen bei diversen Strandorten. Nach einer Nacht in Conceicao da Barra erreichen wir schließlich Porto Seguro. Hier wird noch einmal ordentlich eingekauft, haartechnisch nachgebessert und lecker Essen gegangen, bevor es zum Camping am Mutari Beach geht.
Im Mai 2019 waren wir das erste Mal auf dem Camping Belisco am Mutari Beach. Hier hatten wir auf einem Wohnmobil eine Arbeit des Künstlers Kleber Santos gesehen, die uns auf die Idee gebracht hat, auch mal einen Graffiti – oder Airbrushkünstler zu beauftragen, ein nettes Kunstwerk auf unser Mobil zu sprühen. Der Gedanke, das ganze Fahrzeug zu bemalen, kam uns erst vor Kurzem. Kleber hat bei unserer Ankunft noch keine Zeit und wir machen es uns gemütlich. Schnell sind wir erholt und genießen diesen schönen Ort mit einem Traumstrand vor der Tür, einem leckeren Restaurant am Platz und mit einigen netten Brasilianern, die wir überraschender Weise schon vor 3 Jahren hier kennengelernt hatten. Tägliche Strandspaziergänge, Coco Verde, Camarao mit Aipim stehen an der Tagesordnung. Wir wissen schon jetzt, die Fahrt hat sich sowieso gelohnt!
Kleber hat sein aktuell laufendes Projekt zwar noch nicht beendet, kommt aber am Wochenende schon mal mit seinem Sohn, um die Flächen abzuschleifen, die bemalt werden sollen. Fenster und Rahmen werden abgeklebt. Da im Facebook und Instagram einige von Klebers Arbeiten zu besichtigen waren, haben Claudia und ich vereinbart, daß wir uns zum größten Teil heraushalten und Klebers Ideen umsetzen lassen wollen. Er bietet uns diverse Varianten zur Auswahl und wir entscheiden uns für die Variante, die Fläche auf der Fahrerseite nordamerikanisch zu gestalten und Südamerika auf der Beifahrerseite zum Zuge kommen zu lassen. Den Hintergrund links bildet das Monument Valley , während die Wasserfälle von Iguazu die Südamerikanische Seite schmücken. Kleber beginnt mit Nordamerika, Monument Valley ist klar erkennbar und für einige Fotos sind die Vorbereitungen schon getroffen, da muß er bei einem vorherigen Projekt noch irgendwelche Sachen korrigieren. In den folgenden Tagen geht es daher nicht weiter und wir gehen wieder zum Erholungs- und Erkundungsprogramm der Umgebung über.
Man läuft vom Mutari Beach bei Ebbe circa zwei Kilometer am Strand entlang in den kleinen Ort „Coroa Vermelha“. Diverse kleine Bars kennen uns mittlerweile, da schon die ein oder andere Kokosnuss von uns geleert wurde, oder auch der ein oder andere Caipirinha am Weg eingenommen werden mußte. Mehrfach geht es durch die kleinen Shoppinggassen oder in den Supermarkt Cambui, um unsere Lebensmittelbestände wieder aufzufüllen. Wir können uns auf dem Weg aber auch einige von Klebers Arbeiten ansehen, die er bei diversen Geschäften ausgeführt hat. Umso mehr sind wir auf das Ergebnis an unserem Fahrzeug gespannt.
Kleber ist wieder da und weiter geht das Kunstwerk. Nach ein paar Tagen zieht eine angeblich länger andauernde Regenfront heran und wir müssen uns etwas überlegen, da unser Zeitplan schon überschritten ist. Wir haben ja nur 3 Monate Aufenthaltserlaubnis in Brasilien und immerhin wieder die 2.600 km bis zur nächsten Grenze vor uns. Alexandra, die Chefin vom Belisco Camping, hat die Idee, ein Zelt aufstellen zu lassen. Sie hat natürlich die entsprechenden Kontakte, handelt für uns einen guten Preis aus und am nächsten Tag kommt ein Trupp Arbeiter, der uns ein „Arbeitszelt“ über unser Mobil bastelt. Somit könnte Kleber auch bei Regen einigermaßen vernünftig weiterarbeiten. Wir haben ja vorher mit Kleber seine Ideen durchgesprochen. Claudia hat dann im Photoshop das Ganze mal erstellt und ihm die beiden „Vorschläge“ zur „Umsetzung“ auf sein Handy gespielt. Dem sympathischen Künstler dabei über die Schulter zu schauen, ist sowohl aufregend wie faszinierend. Das zu malende Objekt auf dem Handy in der linken Hand, die Sprühdüse in der Rechten, zaubert er meist ohne groß vorzuzeichnen maßstabsgetreu all die verschiedensten Motive aus dem Stegreif aufs Fahrzeug. Das Heck haben wir ohne Absprache ihm überlassen. Wir sagten nur, wir möchten eine Nord- Südamerika Landkarte im „Kleber-Style“. Das hat ihm dann auch so richtig Spaß gemacht! Am Tag der Fertigstellung bringt Kleber noch seine Frau und seine kleine Tochter mit. Nachbarn laden uns alle dann spontan zum Essen ein und wir sitzen in gemütlicher Runde zusammen, feiern und freuen uns über das Ergebnis.
Eigentlich wollten wir schon längst abgereist sein. Es gefällt uns aber nach wie vor so gut, daß wir noch ein paar Tage dranhängen. Ricardo nimmt uns mit auf eine kleine Tour ins nahe Cabralia. Der Fischereihafen liegt idyllisch an der Mündung des „Rio Joao de Tiba“. Über diesen Fluß mußte unsere Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft 2014 mehrfach übersetzen, um in ihr WM-Quartier „Campo Bahia“ zu gelangen, das 3 km weiter auf der anderen Seite des Flusses zu finden ist. Außerdem hat der Ort noch ein paar historische Ruinen zu bieten, zu denen uns Ricardo noch führt, bevor es wieder an den Camping geht.
Am Vorabend unserer Abreise laden wir noch all unsere netten Nachbarn zum Essen ein. Die Pizzas hier im Belisco Restaurant sind wirklich super und wir haben noch einen schönen, sehr leckeren, gemeinsamen Abend, bevor wir mit unserem fahrenden Kunstwerk wieder die Rückreise antreten. Wir hatten uns im Vorfeld natürlich einige Gedanken gemacht, wie die Seiten bemalt aussehen würden. Doch so hatten wir es uns nicht vorgestellt. Es gefällt uns aber sehr und von Tag zu Tag besser! Schnell haben wir die Arbeit von Kleber ins Herz geschlossen.
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