Über den Trans Canada Highway geht es zurück in den Banff Nationalpark und wir fahren bis nach Lake Louise. Wir kommen erst spät an und erfahren leider, daß der anvisierte Campground in Lake Louise keinen Platz mehr für uns frei hat. Der Platz wurde wegen der Anwesenheit mehrerer Grizzlies teilweise gesperrt und der restliche Campingplatz war komplett belegt. Wir weichen aus auf den Platz am Mosquito Creek, 27 km nördlich von Lake Louise. Wieder zurück treffen wir am nächsten Morgen am Infocenter die ersten deutschen Weltreisenden. Ingrid und Jörg sind mit ihrem selbstausgebautem Expeditionsmobil unterwegs. Sie reisen von Nord- nach Südamerika und wieder zurück um dann nach Rußland überzusetzen. Wir könnten uns noch Stunden unterhalten, aber jeder hat seine Wanderungen geplant und so hoffen wir, uns zu einem netten Grillabend irgendwo unterwegs wieder zu treffen.
Nachdem wir vor sieben Jahren schon einmal in diesem Nationalpark waren und damals den Six-Glacier-Trail sowie den Trail zum Lake Agnes gewandert sind, entscheiden wir uns diesmal für nicht so frequentierte Trails. Unsere Wanderung geht sieben Kilometer durch einsame Wälder am Fluß entlang zum Lake Annette im Paradise Valley. Der Lake Annette liegt unterhalb der steilen, eisbedeckten Nordflanke des 3547 Meter hohen Mount Temple. Auf dieser Strecke sind kaum Wanderer anzutreffen. Am See angekommen blicken wir fasziniert zum Gletscher, an dem kurz vorher eine Schneelawine herunterkam. Nach einer kurzen Rast geht’s den gleichen Weg wieder zurück.
Am Waterfowl CP schlagen wir unser Nachtquartier auf und möchten zwei Tage bleiben, um noch weitere Wanderungen zu machen. Als wir jedoch am Morgen erwachen hat es erfrischende vier Grad und es regnet. Bei diesem Wetter vergeht uns die Lust zum Wandern und wir fahren auf dem Icefield Parkway Richtung Jasper. Das Wetter wird auch hier nicht besser, sondern es fängt sogar an zu schneien, während die Temperatur auf minus 1 Grad sinkt. Es ist Ende Juni und die Heizung läuft, so haben wir uns das nicht gerade vorgestellt. Die tollen Ausblicke auf die Bergwelt der schönsten Gebirgsstrecke Kanadas bleiben uns wegen der Wolken dieses Mal leider verborgen. Das schlechte Wetter begleitet uns bis nach Jasper. Hier werden wir mit warmen zwölf Grad empfangen und reservieren gleich einen Platz im Whistler CP, denn morgen ist Nationalfeiertag und die freien Plätze werden schnell knapp.
Es ist erster Juli, „Canada Day“. In den meisten Orten Kanadas wird dies mit Picknick, Parade, Veranstaltungen und abschließendem Feuerwerk gefeiert. Wir schwingen uns auf die Fahrräder und fahren nach Jasper, um uns die Parade anzusehen. Die Kanadier sitzen im Gras, bejubeln die Blaskapellen, Wagen und Reiter, während die Kinder versuchen so viel Süßigkeiten wie möglich zu ergattern. Als letzter Wagen darf der geschmückte Straßenreiniger gleich seine Dienste tun und alles sieht wieder ordentlich aus. Wir radeln noch um ein paar schöne Seen bei Jasper und genießen das nun wesentlich bessere Wetter. Weiter geht’s auf dem Yellowhead Highway Richtung Prince George. Auf der Strecke sind immer wieder Schwarzbären zu sehen, die unsere Fahrt verlangsamen, bzw. uns für spezielle Fotoshootings anhalten lassen. Am Ende des Tages zählen wir insgesamt acht gesichtete Exemplare und freuen uns trotzdem jedes Mal, wenn uns wieder einer über den Weg läuft. In Prince George wird nach einem Übernachtungsplatz mit Internetzugang gesucht. In der Nähe eines Wellnesscenters gibt es einen guten Wifi-Empfang und das Viertelfinale Deutschland gegen Argentinien ist gesichert. Nachdem wir zwischenzeitlich 4 Zeitzonen überschritten haben, sind es nun gegenüber Deutschland neun Stunden Zeitunterschied, daß heißt, es gibt Frühstücks-Fußball. Nach dem Spiel geht es gleich noch weiter Richtung Norden. Wir spulen noch reichlich Kilometer bis nach Mackenzie herunter. Ein kostenloser Campground am Williston Lake erwartet uns dort. Ein schönes Plätzchen mit Zugang zum Strand und gestelltem Feuerholz für den Grill, lassen einen perfekten Tag zu Ende gehen. Der Sommer ist zurückgekehrt und wir bleiben zwei weitere Tage an diesem netten Ort.
Gut erholt geht es Richtung Chetwynd, aber schon nach ein paar Kilometern kommt der erste Halt. Ein Grizzly sitzt neben der Straße, pflückt Beeren und läßt sich von uns nicht dabei stören. Erst jetzt entdecken wir auch noch die zwei kleinen Bären. Sie schlemmen noch eine Weile und verschwinden dann langsam im Wald.
In Chetwynd angekommen sehen wir uns die viele Holzskulpturen an, die mit Kettensägen kunstvoll geschnitzt wurden. Jedes Jahr finden im Juni Wettbewerbe statt und die schönsten Figuren werden in der Ortschaft ausgestellt. Am Visitorcenter treffen wir Beat und Erika mit Jan aus der Schweiz, die seit 6 Wochen den Norden Kanadas und Alaska bereist haben und die nächsten zwei Wochen Richtung Vancouver unterwegs sind. Tipps und Infos werden ausgetauscht und es geht weiter nach Dawson Creek, die Stadt am Beginn des Alaska Highways.