Drei Tage vor Weihnachten erreichen wir San Miguel de Allende. Hier hat es uns im letzten Jahr so gut gefallen, daß wir mit Sabine und Theo sowie mit Karen und Klaus die Weihnachtstage gemeinsam in dieser Stadt verbringen wollen. Man fühlt sich gleich wieder heimisch und überraschender Weise kennen wir fast alle anwesenden Gäste auf dem Campground vom letzten Jahr oder von zufälligen Begegnungen auf unserer Reise. Am 24. Dezember findet ein Potluck statt und jeder der Campinggäste trägt seinen kulinarischen Teil zu einer internationalen Festplatte bei. Wir stehen und sitzen, essen und trinken gemütlich bis spät in die Nacht im Zentrum von Hans Webers Campingplatz. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es dann Klöße von Karen, Rotkohl von Theo und Rouladen von Claudia und somit lauter zufriedene Gesichter.
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Jeden Dienstag findet oberhalb der Stadt der große Wochenmarkt „
Tianguis“ statt. Hier kriegt man so ziemlich alles, was das Herz begehrt, und das auch noch zu schier unglaublichen Preisen. Mit Sabine und Theo geht's im Taxi zum Markt und bei der reichlichen Auswahl an frischem Obst und Gemüse müssen wir einfach zuschlagen. Den verführerischen Düften können wir auch nicht lange widerstehen und so testen wir die einheimischen Gerichte für günstige 35 Peso, also umgerechnet etwa 2 Euro, was somit deutlich mehr unsere Hüften als das Budget belastet.
Auch deswegen nutzt Claudia gemeinsam mit anderen Frauen des Campingplatzes jeden Samstag morgen die Chance zum „Zumba Dance“. Zwischen 70 und 100 Tanzbegeisterte geben hier um 8:30 Uhr eine Stunde lang ihr Bestes, um dem mexikanischen Vortänzer nachzueifern und zu rhythmischer Musik einigermaßen synchron den schweißtreibenden Tanz zu bewältigen und sportlich in das Wochenende zu starten.
Sabine, Theo und ich nutzen da lieber die Chance zur Haus- und Garten Tour, die von der Biblioteca jeden Sonntag angeboten wird. Das erste Haus, das es zu besichtigen gilt, liegt etwas außerhalb und gehört einem Texaner, der in Verkleidung eines mexikanischen Haciendabesitzers jeden Besucher per Handschlag begrüßt . Der sichtlich vermögende Mann hat seinen Stil mit seiner eigenen Vorstellung von mexikanischer Architektur kombiniert und das Ergebnis ist nun ganz und gar nicht nach unserem Geschmack. Außerdem ist Innen wie Außen reichlich weihnachtliche Dekoration vorhanden, was besonders durch tausende Lichtchen und einen ca. 4 Meter hohen, aufgeblasenen Weihnachtsmann zum Ausdruck kommt. Draußen ist sogar ein Mini-Westerndorf aufgebaut und der Pferdestall ist ein Abbild des Fort Alamo von San Antonio in Texas. Die Busse bringen uns wieder zurück in die Stadt zum zweiten Objekt der Tour, das uns schon wesentlich besser gefällt. Zwar auch in amerikanischer Hand haben es die Besitzer verstanden, die Räume im ursprünglichen Stil zu belassen und mit viel mexikanischer Kunst auszustatten. Aber das Gebäude an sich mit seinen unzähligen Bögen und verwinkelten Zimmern ist wunderschön und wir können die Leute verstehen, die sich in dem Bed & Breakfast Hotel sichtlich wohl fühlen und von ihren Terrassen einen tollen Blick über San Miguel de Allende genießen können, was allerdings auch seinen Preis hat.
Jedes Jahr am Tag des
Heiligen St. Antonio werden in San Miguel die Tiere gesegnet. Sowohl Karen und Klaus mit Jessie als auch Jane und Bill mit ihren Pudeln Milo und Pancho sind vor Ort, um ihren Hunden den kirchlichen Segen geben zu lassen. Den Hundebesitzern wie uns geht es dabei weniger um den religiösen Hintergrund des Ganzen, sondern mehr um das Spektakel mit den vielen verschiedenen Tieren an sich. Wir haben uns zwar erhofft, hier auch ein paar Pferde, Esel und Ziegen zu sehen, sind dann aber auch mit dem anwesenden Vierbeinern und Federvieh zufrieden. Alleine zu beobachten, wie sich die Katzen an ihren Besitzern festkrallen, während die Hunde etwas verängstigt die Szenerie beobachten, oder aber wie die meist älteren Leute ihre Vögel, Enten oder gar Schildkröten zur Kirche tragen, ist schon alleine den Aufwand wert, hierher zu kommen. Ist Jessie vor der eigentlichen Zeremonie noch sehr relaxed, ist dann vor dem Herrn Pfarrer doch eine gewisse Nervosität zu erkennen und Klaus hat alle Hände voll zu tun, den nassen Segen auf sie niedergehen zu lassen. Ähnliche Probleme hat Jane mit Pancho, der so gar nicht verstehen kann, warum der gute Mann ihn mit reichlichst kühlem Nass übergießt, und verängstigt nach seinem Kumpel Milo Ausschau hält. Der wiederum bleibt cool wie immer und läßt die Prozedur ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen.
Am Samstag, dem 21. Januar, jährt sich der 243. Geburtstag von
General Ignacio Allende, dem Namensgeber der Stadt. Zu dessen Ehren gibt es ein großes Fest mit einer Parade. Militär, Polizei, Vereine, Schulen, Pfadfinder und Schönheitsköniginnen laufen oder fahren die Straße hinab und winken dem am Rande stehenden Publikum zu. Am Abend gibt’s dann vor der Kirche ein großes Konzert des Symphonic Orchestra mit über 50 Musikern, bevor zum Abschluß ein Feuerwerk die Feierlichkeiten beendet.
Die Abende in San Miguel erliegen eines einigermaßen festen Ablaufschemas. Wir treffen uns entweder bei uns im Vorzelt zu einem Spieleabend, oder gehen zum „Texaner“ ins Longhorn, wo es jeden Donnerstag ein leckeres Steakgericht zum Sonderpreis gibt. Dienstags gibt es leckere Pizzas zum halben Preis, aber meistens wird von den deutschen Chefköchen-/köchinnen zu einer Gemeinschaftsmahlzeit geladen. Ab und zu kommt noch eine externe Essenseinladung dazu, wie zum Beispiel bei Jane und Bill in ihrem Apartment oder bei Renate und Dale in ihrem wunderschönen Haus nicht weit vom Campground entfernt. Den vielen gemütlichen Abenden stehen am Tage zahlreiche Ausflüge durch die Altstadt von San Miguel de Allende gegenüber. Diese wunderschöne Stadt ist noch immer unser nordamerikanischer Favorit. Sowohl die alte, vom spanischen Einfluß geprägte Architektur, wie auch die netten Menschen der Stadt locken einen immer wieder hierher. So wie vielen Kanadiern und US-Amerikanern geht es auch uns und wir sind schon gespannt, wann wir wieder nach San Miguel de Allende kommen.
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