Es ist Mittwoch, der 14. August, und wir erreichen gegen Mittag die letzte Grenze, die in Zentralamerika auf unserer Route liegt. Sixaola ist ein kleiner Grenzübergang, nicht weit von der karibischen Küste Costa Ricas entfernt. Nachdem wir uns den Ausreisestempel geholt haben, melden wir noch das Fahrzeug ab und schon geht es über eine einspurige Brücke nach Panama. Gleich nach der Brücke müssen wir durch eine Desinfektionsdusche. Bevor wir die nicht bezahlt haben, dürfen wir nicht weiter fahren und man schickt uns zu einem Schalter auf der anderen Seite der Gebäude. Solange wir nicht wegfahren, können natürlich von beiden Seiten keine Fahrzeuge über die Brücke und schon nach kurzer Zeit beginnt das Hupkonzert. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns in Panama noch oft wiederfährt. Nachdem wir dann unser Mobil auf einem Parkplatz abgestellt haben, erklären uns ungefähr 10 verschiedene Helferlein im Alter von 8 bis 50, daß sie jetzt natürlich auf unser Auto aufpassen. Wir wollen auch einen der Hilfssheriffs bezahlen und entscheiden uns für den 12-jährigen, der mit gezücktem Schraubenzieher auf sich aufmerksam macht. Die Einreisestempel sind dann schnell im Pass und wir brauchen eine Kfz-Versicherung, bevor auch unser Fahrzeug die Einreiseerlaubnis bekommt. Wir suchen eine Weile, bis wir in einem Mini Büro die junge Dame finden, die für diese Versicherungen zuständig ist. Weil sie aber den Großteil des Tages beschäftigungslos ist, vermietet sie schon mal ihren Computer an Touristen zum Surfen im Internet. Zu unserem Glück sitzen da gerade drei Teenager aus Spanien und so warten wir, bis die Mädels ihre Mail- und Facebook Geschichten zu Ende gelesen haben. Als die Drei endlich das Büro verlassen, pflückt die Versicherungsspezialistin beim Stuhlwechsel mit ihrem Hintern den Hauptstecker aus der Steckdose und der Computer ist erst einmal aus. Schlappe 90 Minuten später hat sie das System wieder zum Laufen gebracht und schwups haben wir schon unsere Versicherung. Mit dieser Versicherung in der verschwitzten Hand geht es bei 38 Grad im Schatten wieder zum Schalter der Kfz-Einreise. Unser Antrag kommt auch sofort in Bearbeitung und der kompetente Beamte sitzt eine geschlagene Stunde über den Papieren, während wir vor seinem Fenster in praller Sonne weiter im eigenen Saft schmoren. Endlich erhalten wir die Papiere und auf geht’s zurück zu unserem Großen, wo kein Helfer mehr zu sehen ist und am Fahrzeug nichts abgeschraubt wurde. Da haben wir wohl den Richtigen geschmiert.
Nun ist es natürlich schon ziemlich spät und wir suchen nach einem Übernachtungsplatz. In Almirante fragen wir einen Hafenarbeiter, der uns dann einen Platz in der Bootstankstelle vermittelt und wir kommen für ein paar Dollar zu einem einigermaßen ruhigen, bewachten Stellplatz in dem ansonsten nicht sehr einladenden Hafenstädtchen.
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Es geht auf der Landstraße über die Berge bis nach Boquete. Dieser in ca. 1000 Metern Höhe gelegene Touristenort liegt in einem schönen Waldgebiet nahe dem Vulkan Baru National Park und bietet uns wieder einmal angenehmere Temperaturen. Wie schon in Costa Rica gibt es auch hier einen Wanderweg, der nach dem seltenen Vogel Quetzal benannt ist. Aber wie schon damals sind wir auch heute wieder zu spät auf dem Sendero de los Quetzales unterwegs und halten umsonst Ausschau nach diesem wunderschönen Tier, das wir leider nur von den Bildern her kennen, die für die Wanderwege werben. Trotzdem tut uns die Wanderung wieder einmal gut und auf dem Rückweg erwischt uns rund 100 Meter vor unserem Mobil ein kräftiger Regenschauer. Zum Übernachten fahren wir auf einen Schotterplatz unweit vom Kletterfelsen Los Ladrillos, schon kommt ein Wagen auf uns zu gefahren. Der Fahrer steigt aus und will uns nicht wie befürchtet davonjagen, sondern heißt uns herzlich willkommen und bietet uns an, falls es Probleme gäbe oder wir irgendetwas bräuchten, sein Haus in rund 200 Metern Entfernung steht für uns offen. Gastfreundschaft à la Panama.
Die nächsten zwei Nächte stehen wir bei einem Hotel eines Deutschen, der Pension Las Topas, und treffen dort wieder auf Martina und Lothar in ihrem MANNI sowie auf Mariana und Michael in ihrem Balu. Während Mariana und Michael am darauffolgenden Morgen die Weiterreise antreten, fahren wir mit Martina und Lothar wieder zurück zu dem Platz bei Los Ladrillos und gehen heute einen anderen Wanderweg. Am Rio Caldera entlang geht ein geteerter Weg durch eine schöne Landschaft vorbei an Kaffee- und Obstplantagen und weiter an einigen außergewöhnlichen Brückenkonstruktionen. Die nicht sehr anspruchsvolle Tour macht Spaß und dank unserer rheinischen Frohnaturen gibt es wie immer viel zu lachen.
Am nächsten Morgen trennen sich aber unsere Wege erst mal wieder und wir fahren in die Stadt David zum Mercedeshändler. Das Bremspedal pocht wie verrückt und wir brauchen nun unbedingt neue Bremsen. Doch leider ist der Serviceplatz von Mercedes hier zu klein und überhaupt sieht man hier im Gegensatz zu Costa Rica so gut wie keinen Mercedes auf der Straße, leider noch nicht einmal Sprinter. So gibt es hier keinerlei Ersatzteile und der Werkstattleiter gibt uns die Adresse von Mercedes in Panama City. Gleichzeitig bestellt er die Bremsscheiben und Klötze für unser Modell, so daß bei unserer Ankunft in einer Woche alles parat liegt. Der Weg nach Panama City ist allerdings weit und wir planen den ein oder anderen Zwischenstopp ein. Erster Stopp ist am Strand von Las Lajas. Der Strand ist so schön, daß wir uns entschließen ein paar Tage zu bleiben und nochmal Strand und Meer zu genießen. Am nächsten Tag kommen erst MANNI, ein paar Stunden später Balu um die Ecke und die alte Crew hockt wieder einmal gemütlich beisammen.
Weiter geht's in Richtung Panama City, heute nur bis zum Strand von Santa Clara. Der Strand ist zwar wunderschön, nur so gut wie nicht zu erreichen. Zahlreiche Prachthäuser der gehobeneren Schicht Panamas verbarrikadieren den Zugang zum Strand und erst nach mehrfachem Nachfragen finden wir einen Durchgang beim Hotel Las Sirenas. Der Hotelleiter läßt uns auf der ruhigen Straße neben dem Hotel parken, versorgt uns mit Wasser und Wifi und wir können durch das Grundstück den Strand erreichen. Der Spaziergang über den breiten Strand ist toll und gibt noch mehr Einblicke in die geschmackvollen Villen der Superreichen.
Von Santa Clara geht es trotz unserer Bremsprobleme in die Berge nach El Valle. Der Ort befindet sich im größten besiedelten Vulkankrater der Welt und bietet neben einigen Wandermöglichkeiten noch eine präkolumbianische Felszeichnung. Wir freuen uns auch wieder mal über etwas angenehmere Nachttemperaturen und bekommen die Wiese bei der Feuerwehr als Übernachtungsplatz angeboten. Am nächsten Tag spazieren wir zu den Felszeichnungen, die uns nun nicht gerade übermäßig faszinieren. Als wir dann im Anschluß den im Nationalpark befindlichen Wanderweg beginnen, fängt es an in Strömen zu regnen und wir arbeiten uns mit kleinen Schritten wieder zurück zum Ausgang. Auf dem kleinen Markt von El Valle besorgen wir noch leckeres Obst und beobachten die Kuna-Frauen beim Verkauf ihren Waren.
Wir schicken ein Email an Mercedes und erhalten die Nachricht, die Bremsscheiben für unser Fahrzeug wären noch nicht angekommen und wir entschließen uns zu einem Abstecher zu den Embera Indianern. Seitdem wir vor ein paar Jahren einen Bericht über diesen Stamm im deutschen Fernsehen verfolgen konnten, war dieser Besuch auf unserer Wunschliste. Der Ort Gamboa liegt an der Einmündung des Rio Chagres in den See Gatun und wurde 1911 während des Kanalbaus gegründet. 1936 bekam er ein sehr nordamerikanisches Flair, als viele US-amerikanische Familien wegen des Kanalbaus ihren Wohnsitz hierher verlegten. Heute gehört das größte Areal dieser mittlerweile verlassenen Häuser dem Hotel Gamboa Rainforest Resort. Das luxuriöse Haus bietet unter anderem die Tour zu den Embera´s an und wir melden uns gleich für den nächsten Tag an. Leider ist das Hotel ein Stück zu luxuriös, um Campern wie uns eine Ecke auf ihrem riesigen Areal zur Verfügung zu stellen und wir übernachten im neuen Ortskern Gamboa´s am Panamakanal direkt neben der Polizeistation.
Am nächsten Nachmittag holt uns ein Embera-Indio in seinem Einbaum direkt beim Hotel ab und bringt uns über den Fluß zu seinem Stamm. Es gibt drei oder vier Embera Siedlungen, die sich mit dieser Art Tourismus ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Seit dieses Gebiet als Nationalpark ausgewiesen wurde, haben die Indios kaum noch Rechte und dürfen auch nicht mehr auf die Jagd gehen. Unser Stamm ist eine knapp 50 köpfige Gemeinschaft junger und alter Indios. Die sehr freundlichen Stammesbewohner heißen uns willkommen und erzählen in einer neuen, großen Versammlungshütte viel über ihre Geschichte und das aktuelle Leben in ihrem Dorf. Wir bekommen einen kleinen Einblick in ihre Essgewohnheiten bei einem kleinen Nachmittagssnack, bevor die Emberas dann einen ihrer Tänze vorführen. Am Ende des Besuchs bekommt man noch die Gelegenheit Handarbeiten aus eigener Produktion, oder aber ein typisches, ein paar Tage anhaltendes Tattoo zu ergattern. Wir erleben hier das erste Mal ein Indiodorf, welches noch ziemlich ursprünglich am Rande des riesigen Dschungels lebt. Lediglich das Boot hat einen Motor gesponsert bekommen. Ein Ausflug, der sich gelohnt hat.
Wir schicken wieder eine Nachricht an Mercedes und erhalten diesmal die Nachricht, daß für unseren Sprinter die hinteren Scheibenbremsen nicht lieferbar sind und sie müßten aus Deutschland bestellt werden, was ca. 6 bis 8 Wochen dauert. Wir fahren trotzdem nach Panama City und wollen die vorderen Scheibenbremsen für einen späteren Einbau zumindest gleich kaufen. Als wir dort eintreffen und einen Angestellten nochmals unbedarft nach Scheibenbremsen fragen, geht dieser ins Lager und erklärt uns, „claro, kein Problem, alle Scheibenbremsen vorrätig“!?! Wir übernachten vor der Werkstatt und bekommen am nächsten Morgen ringsum neue Bremsen. Gott sei Dank, er bremst wieder wie neu. Die Anden können kommen.
Wir wollen noch nicht in Panama City bleiben, da wir noch 11 Tage Zeit haben bis zur Verschiffung unseres Großen. Wir steuern das Fort San Lorenzo an, das ca. 30 km außerhalb der Hafenstadt Colon liegt, von wo aus unser Mobil Panama in Kürze verlassen wird. Das Fort wurde von den Spaniern Ende des 16. Jahrhundert als Abwehr gegen Piraten an der Mündung der Rio Chagres zur karibischen See gebaut. Freibeuter Henry Morgan legte die Festung im Jahre 1670 in Schutt und Asche, zehn Jahre später wurde sie wieder aufgebaut. An der Burg ist heute außer uns kein Mensch anzutreffen, dabei sind die Ruinen gar nicht so schlecht erhalten. Jede Menge alte Kanonen, noch mit den Wappen der Spanier bestückt, liegen hier rum und geben ein kleinen Eindruck über die starke Bewaffnung der damaligen Zeit. Wir übernachten nicht weit vom Fort entfernt an der Shelter Bay mit grandiosem Blick auf die ein- und ausfahrenden Frachtschiffe.
Auf dem Rückweg nach Panama City halten wir am Panama Kanal bei der Gatun Schleuse. In der Schleuse werden die Schiffe in drei aufeinanderfolgenden Schleusenkammern angehoben, bis sie dann weiter in den 26 Meter höher liegenden Gatun See einfahren können. Wir beobachten diese Aktion bei drei dieser Frachtmonster und sind beeindruckt.
Wir erreichen am Abend Panama City und parken vor der Marina in Balboa, wo schon einige andere Mobile stehen. Der Platz hat sich als Treffpunkt für Verschiffungswillige herumgesprochen und es wird reichlich Erfahrungsschatz ausgetauscht. Gleich am nächsten Tag holt uns Amy, die Tochter der von uns beauftragten Agentin, an der Marina ab und wir fahren mit 7 anderen Fahrzeugen zur Polizei. Dort wird lediglich die Fahrgestellnummer überprüft und am Nachmittag können wir die abgestempelten Ausfuhrpapiere an gleicher Stelle abholen. Die nächsten Tage bereiten wir unseren Großen für die Abgabe am Hafen vor und bauen unsere Trennwand zwischen Wohnbereich und Führerhaus. Bombenfest – da kommt keiner rein ohne viel Zeit aufzuwenden. Gasflaschen zugedreht, Koffer gepackt und Amy holt uns Freitag früh am Morgen ab. Gemeinsam mit Martina und Lothar im Konvoi fahren wir nach Colon. Die diversen Stellen, an denen wir Papierkram zu erledigen haben, hätten wir ohne Amy nie gefunden. Neu auftretende Schwierigkeiten erledigt die hübsche Agentin mit ihrem Charme und Sympathie und schnell wird ihr, besser gesagt uns, geholfen. Letztendlich bringen wir unsere Fahrzeuge zur Abgabestelle am Hafen, wo als Erstes noch der Drogenhund im Fahrzeug seinen Dienst erledigen muß. Mann, wer schmuggelt schon Drogen nach Kolumbien!?! Mit einem mulmigen Gefühl übergeben wir dann den Schlüssel an einen Hafenarbeiter und sehen mit an, wie die Fahrzeuge in den Tiefen des Hafens verschwinden.
Bis zu unserem Flug nach Cartagena haben wir noch 3 Tage Zeit und lassen uns von Amy bei Hotel RIU Palace in Panama City abliefern. Während dieser drei Tage wollen wir uns Panama City noch etwas näher ansehen und den ein oder anderen Einkauf tätigen. Die Altstadt Casco Viejo wird schon seit über 10 Jahren renoviert und man erkennt mittlerweile deutlich den Fortschritt. Alle Häuser im Viertel sind im Kolonialstil erbaut und erblühen nach der Restauration zu alter Schönheit, was der Altstadt ein angenehmes Flair verleiht. Im neueren Bereich von Panamas Hauptstadt regieren die Hochhäuser und Einkaufszentren. Gemeinsam mit Martina und Lothar genießen wir die Szenerie, gehen lecker Essen oder lassen uns auch mal kurz mitten im Einkaufszentrum massieren. Ein schöner Abschied nach 3 ausnahmslos tollen Jahren in Nord- und Zentralamerika.
So ein krasser Gegensatz wie der Besuch bei den Embera Indianern bis zur Metropole Panama City, keine 100 km voneinander entfernt, ist bisher einzigartig auf unserer Reise. Auch sonst offenbart Panama viele unterschiedliche Gesichter und Landschaften. Uns hat es hier gut gefallen. Ein toller Abschluß unserer Tour durch Zentralamerika.
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